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       # taz.de -- Demonstrationen gegen Krieg in Gaza: Gegen Krieg, für Kassamraketen
       
       > "Jahwe verlangt den Völkermord", skandiert man in Madrid; "Israel -
       > Mörder" heißt es in Paris. In Berlin und München gibt es auch Solidarität
       > mit Israel.
       
   IMG Bild: Die Demonstranten in Berlin forderten ein Ende des Terrors durch die islamische Hamas und Frieden in Nahost.
       
       Hunderttausende Menschen haben am Wochenende in aller Welt gegen die
       israelische Militäraktion im Gazastreifen protestiert. In Deutschland waren
       am Samstag in mehreren Städten insgesamt rund 35.000 Menschen auf der
       Straße; in Berlin kam es zu kleineren Handgreiflichkeiten mit der Polizei.
       Zur bundesweit größten Demonstration mit 10.000 Teilnehmern in Duisburg
       hatte die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs" aufgerufen.
       
       Auch andernorts bestimmten Islamisten das Bild: So hatten zu der
       Demonstration in Madrid neben der Sozialistischen Partei von
       Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero auch die beiden größten
       Gewerkschaften sowie die Vereinigte Linke aufgerufen, es dominierten aber
       die grünen Stirnbänder der Hamas. Die Islamisten, die den Marsch von
       mehreren zehntausend Demonstranten durch die Innenstadt anführten, trugen
       eine israelische Fahne mit aufgedrucktem Hakenkreuz und skandierten
       antisemitische Sprüche wie "Israeliten, Terroristen", und "Jahwe verlangt
       den Völkermord". Weiter hinten beschimpfte Spaniens parlamentarische und
       außerparlamentarische Linke Israel als "Nazi-Zionisten-Staat" und "Yankee
       Militärbasis". In der von zahlreichen Künstlern unterstützten
       Abschlusserklärung gab es kein kritisches Wort zur Hamas, die mit ihren
       Raketen den Waffenstillstand gebrochen hatte.
       
       Die waren auch in Frankreich kein Thema. "Wir sind alle Palästinenser",
       skandierten 200.000 Menschen an mehr als 120 Orten. Die Hälfte davon
       protestierte in Paris, unter ihnen viele aus der Banlieue. Auch ein paar
       jüdische Franzosen waren gekommen. "Schade, dass wir nicht zahlreicher
       sind", sagte einer von ihnen. Auf seinem Transparent stand: "Araber und
       Juden gemeinsam gegen den Krieg". Doch auch in Paris dominierte ein anderer
       Ton: "Allah ist groß!", skandierte die Menge immer wieder; auf den
       Transparenten standen Sprüche wie "Israel - Mörder". Am Abend bedauerte
       Bürgermeister Bertrand Delanoë, dass Dinge skandiert worden seien, die "dem
       offenen Geist" von Paris widersprächen.
       
       Nur wenige Parteien beteiligten sich an der Demonstration. Ihre
       Vorsitzenden gingen in der ersten Reihe. Die Kommunistin Marie-George
       Buffet verlangte, dass "die UNO eine internationale Schutztruppe bildet, um
       den Krieg zu beenden und den politischen Dialog wieder anzustoßen". Der
       Trotzkist Olivier Besancenot erklärte, die "Position der französischen
       Bevölkerung lässt sich nicht auf die von Sarkozy reduzieren". Und Jean-Luc
       Mélenchon von der neuen Linkspartei mahnte: "Die israelische Regierung
       begeht einen schweren Fehler gegen ihr eigenes Land."
       
       Propalästinensische Demonstrationen gab es zudem in Großbritannien,
       Griechenland, Italien und Schweden. Wie in Paris kam es in Athen, London
       und Stockholm zu Ausschreitungen.
       
       Am Sonntag gingen in Frankfurt, München und Berlin einige tausend Menschen
       auf die Straße, um gegen den Terror der islamistischen Hamas zu
       protestieren und ihre Solidarität mit Israel zu bekunden. "Wir wollen und
       können nicht länger schweigend zuschauen, wie die Terroristen der Hamas
       Raketen auf israelische Kinder, Frauen und Alte feuern", sagte die
       Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch,
       in München.
       
       In Berlin bekundeten etwa 3.000 Menschen ihre Solidarität mit Israel;
       Mitglieder der Jüdischen Gemeinde waren ebenso darunter wie jugendliche
       Antifaschisten. "Wir werden mit den Arabern erst Frieden haben, wenn sie
       ihre Kinder mehr lieben, als sie uns hassen", sagte Lala Süsskind, die
       Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die zu der Kundgebung mit dem
       Titel "Solidarität mit Israel, stoppt den Terror der Hamas" aufgerufen
       hatte. "Wir können ihnen nicht vergeben, dass sie uns zwingen, ihre Kinder
       zu töten", so Süsskind. Ziel der Demonstration sei ausdrücklich auch, dem
       Bedauern unschuldiger Opfer Ausdruck zu verleihen. Mit einer Schweigeminute
       wurde der Toten auf beiden Seiten gedacht.
       
       Pfiffe und Buhrufe erntete Franziska Eichstädt-Bohlig, die
       Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, als sie in
       einem Redebeitrag etwa die Siedlungspolitik Israels kritisierte. Applaus
       gab es dagegen für den Vorsitzenden der Berliner Linkspartei, Klaus
       Lederer, der sich von jeglicher Form von Antisemitismus distanzierte. Der
       Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD), hielt
       Kritikern der israelischen Militäroffensive entgegen: "Was hätten Sie
       gemacht, um den Beschuss zu stoppen?" Ein souveräner Staat habe das
       "legitime Recht", sein Territorium mit militärischen Mitteln zu schützen.
       Er bezweifle aber, dass die aktuelle Offensive einer friedlichen Existenz
       Israels zuträglich sei.
       
       11 Jan 2009
       
       ## AUTOREN
       
   DIR R. Wandler
   DIR D. Hahn
   DIR S. Puschner
       
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