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       # taz.de -- Investor will Berliner Verlag abstoßen: Der große Ausverkauf
       
       > Die Mecom-Gruppe ist offenbar kurz davor, den Berliner Verlag an das
       > Kölner Zeitungshaus M. DuMont Schauberg zu verkaufen – das sich damit
       > einen Traum erfüllen könnte.
       
   IMG Bild: Die Redaktionen des Berliner Verlags sind mittlerweile kampferprobt.
       
       Ein Aktienkurs von gerade einmal 1,5 britischen Pence (rund 2 Cent) hört
       sich nicht nach viel an - doch für David Montgomerys schuldengeplagte
       Mecom-Gruppe bedeutete die gestrige Preissteigerung an der Londoner Börse
       immerhin einen Zuwachs von 20 Prozent. Der Grund für das Plus dürfte dem
       britischen Zeitungsinvestor allerdings wenig Freude bereiten - nimmt es
       doch nur die Vorfreude darüber vorweg, dass der große Ausverkauf bei der
       Mecom-Gruppe beginnt. Heute soll nach Informationen des Guardian der
       Verkauf des deutschen Filetstücks des mit rund 600 Millionen Pfund
       verschuldeten Konzerns perfekt gemacht werden: Für unbestätigte 165
       Millionen Euro gehen Berliner Verlag (Berliner Zeitung, Kurier, Tip) und
       Hamburger Morgenpost an das Kölner Zeitungshaus M. DuMont Schauberg.
       
       Dort gab man sich gestern zugeknöpft und verwies darauf, dass die
       Mitteilung der Geschäftsführung vom 26. Dezember 2008 "zum Kauf der
       Berliner Zeitung nach wie vor Gültigkeit" habe: Der Verlag äußere sich
       nicht, "Formulierungen, die in diesem Zusammenhang genannt wurden, sind
       reine Spekulation". Über die Blätter des Hauses - Kölner Stadtanzeiger,
       Kölnische Rundschau, Express, Mitteldeutsche Zeitung (Halle/Saale) und
       Frankfurter Rundschau - auf Verlagsweisung aber auch nicht zu berichten
       haben. Intern heißt es, es gebe noch Gesprächsbedarf über den Preis.
       Schließlich muss DuMont bei der FR Verluste ausgleichen - und möchte sich
       am liebsten noch am Aachener Zeitungsverlag beteiligen.
       
       Mit dem Verkauf bekommt die Berliner Zeitung nicht nur wieder einen
       Verleger, sondern den amtierenden deutschen Verlegerpatriarchen
       schlechthin: Alfred Neven DuMont wollte das Blatt schon 2005 kaufen, als
       Montgomery zum Zuge kam. Nach Einschätzung von Branchenexperten macht der
       Zukauf für die Kölner Sinn: Schon heute kooperiere die FR redaktionell mit
       dem Kölner Stadtanzeiger und der Mitteldeutschen, sagt Horst Röper vom
       Dortmunder Formatt-Institut. Die Berliner Zeitung könne hier integriert
       werden. "Beinahe noch wichtiger" sieht Röper aber die Möglichkeiten, die
       sich für DuMont im Boulevardbereich ergäben: "Schon kurz nach der Wende in
       der DDR vor 20 Jahren" habe DuMont schließlich geplant, mit seinem Express
       und weiteren regionalen Boulevardblättern den ehemaligen DDR-Markt
       aufzurollen und dort eine "Gegen-Bild" zu etablieren. "Die Pläne sind uralt
       und könnten jetzt mit dem Berliner Kurier und der Hamburger Morgenpost
       Wirklichkeit werden", sagt Röper.
       
       Klar scheint schon jetzt zu sein, dass vor allem der FR und dem
       Hauptstadtblatt Berliner Zeitung eine "weitgehende Zusammenarbeit"
       bevorsteht. Beim eher dahindümpelnden Flaggschiff - die FR verkauft weniger
       Exemplare als die Berliner Zeitung und schreibt anders als der Berliner
       Verlag auch alles andere als schwarze Zahlen - ist man allerdings sicher,
       die Oberhand zu behalten. Die FR sei einfach der "klingendere Titel", meint
       auch Röper. Zudem schreibe die von DuMont garantierte Satzung der FR deren
       Charakter als überregionales Qualitätsblatt fest. Eine Schlüsselrolle
       dürfte hier FR-Chefredakteur Uwe Vorkötter zukommen: Er hatte den
       Chefposten bei der Berliner Zeitung 2006 wegen Montgomerys Sparplänen
       geräumt und ist sogar im kampferprobten Betriebsrat des Berliner Verlags
       wohl gelitten. Was man von seinem Nachfolger, Montgomerys deutschem
       Vasallen Josef Depenbrock, nicht gerade sagen kann. "Mit Vorkötter ist
       DuMont hier ganz anders aufgestellt, als das andere potenzielle Käufer
       wären", sagt Röper. Und mit den DuMonts bekomme der Berliner Verlag
       tatsächlich "einen wirklichen Verleger. Man sollte nur nicht glauben, der
       achte nicht auch auf die Rendite."
       
       8 Jan 2009
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
       ## TAGS
       
   DIR Verlagswesen
       
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