# taz.de -- Bummeln für Arme: Eine Berliner Weihnachtsmarktgeschichte
> Noch sind die sozialen Weihnachtsmärkte über die Stadt verstreut. Doch
> 2009 soll ein gemeinsamer Markt im Zentrum stattfinden. Am liebsten im
> Vorgarten von Horst Köhler. Doch im Schloss Bellevue winkt man
> vorsichtshalber ab.
IMG Bild: Kein sozialer Weihnachtsmarkt: Auf dem Gendarmenmarkt muss man Eintritt bezahlen.
Es gibt Weihnachtsmärkte, da wird die Wirklichkeit auf den Kopf gestellt.
Nicht der wohlhabende Kunde ist auf diesen Sozialmärkten König. Einkaufen
darf nur, wer weniger als 900 Euro verdient. Auch die Händler verdienen
sich keine goldene Nase. Vielmehr bieten ehemalige Langzeitarbeitslose
Weihnachtsschmuck, Fahrräder, gebrauchte Kinderkleidung an - für Preise
zwischen 50 Cent und 25 Euro.
An den Adventswochenenden haben in diesem Jahr drei kleine Sozialmärkte in
Berlin geöffnet. Doch die Organisatoren vom Projekt Goldnetz sind
ambitioniert. 2009 wollen sie die Märkte zusammenlegen und rund 50 Stände
für Bedürftige an einem zentralen Ort in der Stadt aufbauen. "Es geht uns
um die Präsenz. Ein Sozialmarkt sollte einen Platz haben in der Mitte der
Gesellschaft", fordert die Leiterin der Märkte, Ute Jaroß.
Bisher stolpert man nicht gerade über die Sozialmärkte. In Spandau
verstecken sich die Buden in einem Gewerbegebiet, im Wedding im Hinterhof
einer Volkshochschule. Einzig in Charlottenburg findet der soziale Trubel
auf dem öffentlichen Kläre-Bloch-Platz statt.
Am liebsten wäre es Jaroß, sie könnte den Weihnachtsmarkt 2009 im Vorgarten
von Horst Köhler errichten, auf dem Gelände von Schloss Bellevue. Doch beim
Bundespräsidenten reagiert man skeptisch. "Jeder Besucher müsste eine
Sicherheitsuntersuchung wie am Flughafen über sich ergehen lassen", erklärt
Christian Nachtwey, der im Köhler-Schloss für organisatorische Fragen
zuständig ist. Zudem könnte ein Staatsbesuch den Marktbetreibern einen
Strich durch die Rechnung machen.
Jaroß kann die Bedenken nachvollziehen, nun fordert sie Alternativen. Warum
die Buden nicht vor dem Roten Rathaus oder auf dem Alexanderplatz
aufstellen? Das Problem: Die großen Plätze im Zentrum sind oft schon von
kommerziellen Weihnachtsmärkten belegt. "Anders als die können wir keine
große Standgebühr zahlen", stellt Jaroß fest. Trotzdem will sie nicht
aufgeben. "Es hängt vor allem vom politischen Willen ab, ob wir ins Zentrum
kommen."
Immerhin verspricht Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke): "Ich werde
mich im Senat dafür einsetzen, dass ein zentraler Platz gefunden wird." Man
darf gespannt sein.
ANTJE LANG-LENDORFF
## Sozialmärkte vom 1. bis 3. Advent, jeweils freitags und samstags von 13
bis 18 Uhr. Charlottenburg: Knobelsdorff- Ecke Wundtstr.; Spandau:
Zitadellenweg 34; Wedding: Antonstr. 37
28 Nov 2008
## AUTOREN
DIR Antje Lang-Lendorff
DIR Antje Lang-Lendorff
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DIR Bio
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