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       # taz.de -- Braunschweiger Bürgermeister: König Hoffmann verprellt Untertanen
       
       > In Braunschweig ist unter Oberbürgermeister Gert Hoffmann vieles anders
       > als in anderen Städten. Der neueste Coup des Christdemokraten: Die
       > städtischen Finanzen erläutert er nicht mehr dem Rat der Stadt, sondern
       > vor geladenen Gästen
       
   IMG Bild: Ja, Gert Hoffmann hat auch Freunde: Im Jahr 2003 forderten Braunschweiger Kunsthochschulabsolventen sogar ein weit höheres Amt für ihren Oberbürgermeister
       
       Die Dornse ist in Braunschweig so etwas wie die gute Stube der Stadt. Der
       Saal liegt im Altstadt-Rathaus, an den Wänden hängen Gemälde und
       Wandteppiche. Dies, so muss es dem Braunschweiger Oberbürgermeister Gert
       Hoffmann (CDU) gedeucht haben, sei der richtige Ort, um seine
       Haushaltspläne zu erläutern - vor etwa 100 geladenen Gästen.
       
       Normalerweise werden solche Dinge im Stadtrat besprochen, in Braunschweig
       steht der Haushaltsplan aber erst im Dezember auf dessen Tagesordnung - und
       wie schon im vergangenen Jahr wird nicht der Oberbürgermeister sprechen,
       sondern sein Finanzdezernent.
       
       "Ich bin seit sieben Jahren Ratsherr hier, aber es gibt immer noch
       Steigerungen", wütet nun Udo Sommerfeld, der Braunschweiger Fraktionschef
       der Linken. Er selbst war zu dem Vortrag erst im Nachgang eingeladen
       worden, hatte die Teilnahme aber abgelehnt. "Nachdem Sie in der vergangenen
       Woche erklärt haben, dass die Linke nicht zu den von Ihnen Auserwählten
       gehört, haben Sie mir gestern nun doch eine Einladung zukommen lassen",
       schrieb Sommerfeld in einem Offenen Brief an den OB. "Das bedauere ich
       sehr."
       
       Vor den geladenen Gästen in der Dornse verkündete Hoffmann der
       Braunschweiger Zeitung zufolge, dass er weiter in Großprojekte investieren
       wolle, um im "nationalen Konkurrenzkampf der Großstädte" zu bestehen. Dafür
       müssten die Zuschüsse an Vereine gekürzt werden.
       
       Allein 28 Millionen solle das "neue Spaßbad" kosten, kritisiert Sommerfeld
       - während gleichzeitig alle Stadtteilbäder geschlossen würden. Doch es geht
       ihm nicht nur um die Inhalte, sondern auch um den Stil: Der Vortrag in der
       Dornse sei eine Veranstaltung der Art "Der Oberbürgermeister erklärt die
       Lage der Welt" gewesen, sagt Sommerfeld: "So wird das gelaufen sein, ich
       war ja nicht dabei."
       
       Eine andere Strategie verfolgt die Fraktion der Bürgerinitiative
       Braunschweig (BIBS), die ebenfalls nicht eingeladen wurde. In dem Offenen
       Brief, den ihr Fraktionsvorsitzender Frank Gundel an Hoffmann schrieb,
       brachte er höflich seine "Verwunderung" zum Ausdruck, nicht zur Teilnahme
       an einem so wichtigen Vortrag gebeten worden zu sein. Die nachträgliche
       Einladung nahm Gundel jedoch an. Seine Fraktion sei sehr daran
       interessiert, "Informationen, die eigentlich in die Haushaltsdebatte des
       Rates gehörten", mitzubekommen.
       
       "Über die Frage, wen er zu solchen Veranstaltungen einlädt, nimmt der
       Oberbürgermeister nicht öffentlich Stellung", teilt seine Pressestelle auf
       Anfrage mit. Gert Hoffmann regiert in Braunschweig mit einer Mehrheit aus
       CDU und FDP, auch die SPD hat er oft an seiner Seite. "Er hat überall eine
       Mehrheit, aber das reicht ihm nicht", sagt der Linke Sommerfeld.
       
       Hoffmann ist schon öfter durch seinen unkonventionellen Regierungsstil
       aufgefallen: Im Juli vergangenen Jahres drohte er dem Braunschweiger
       Friedenszentrum, er werde die Zuschüsse streichen, wenn sich das Zentrum
       nicht von einer Bürgeranfrage distanziere, in der die Braunschweiger
       Patenschaft für eine Korvette der Bundesmarine kritisiert worden war.
       
       Im April 2007 hatte der stramm konservative Hoffmann versucht, Auftritte
       des Satirikers und taz-Kolumnisten Hartmut El Kurdi zu verhindern, indem er
       die städtischen Institutionen anwies, sich nicht mehr an Veranstaltungen
       mit diesem zu beteiligen - wegen dessen angeblich "unflätiger Kritik".
       Später ruderte Hoffmann zurück, verkündete seinen Sinneswandel jedoch nicht
       etwa persönlich. Stattdessen ließ er den vor seinem Büro wartenden Bürgern
       ausrichten, er habe es nicht nötig, mit ihnen zu sprechen - die 58 Prozent,
       die ihn gewählt hätten, würden ihm reichen.
       
       Das nächste Jahr hat OB Hoffmann in Braunschweig zum Festjahr erklärt - ein
       weiteres Großprojekt, im Gedenken an Otto IV. von Braunschweig. Der wurde
       1209 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt.
       
       7 Nov 2008
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Wiese
   DIR Daniel Wiese
       
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