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       # taz.de -- Kommentar Deutschland und Georgien: Georgien muss in die Nato
       
       > Bisher hat Deutschland in der Nato Rücksicht auf russische
       > Empfindlichkeiten genommen. Jetzt spricht sich Angela Merkel plötzlich
       > für den Beitritt Georgiens aus.
       
   IMG Bild: Angst, Wut und Resignation bei den Menschen in der georgischen Hauptstadt Tiflis.
       
       Die Wende kommt überraschend: In Tiflis sprach sich Kanzlerin Angela Merkel
       plötzlich für den Beitritt Georgiens zur Nato aus. Und das ist gut so.
       Bislang hatte man in Deutschland einen solchen Beitritt der
       Kaukasusrepublik immer abgelehnt, weil man allzu gut wusste, wie allergisch
       und irrational Russland auf das Verteidigungsbündnis reagiert. Anders als
       viele Nato-Mitglieder nahm Deutschland Rücksicht auf die russischen
       Empfindlichkeiten und akzeptierte, dass Moskau die ehemaligen
       Sowjetsatelliten weiterhin als sein Eigentum betrachtet. Die deutsche
       Außenpolitik war geradezu von einem Russlandkomplex dominiert. Doch der
       Kreml dankte es den Fürsprechern nicht, sondern handelte so eigenmächtig,
       wie es Kritiker und russlandgeprüfte Osteuropäer vorhergesehen hatten.
       Russland schlug im Kaukasus zu, um Georgien und der Ukraine den Weg in den
       Westen zu verbauen.
       
       Plötzlich sind die früheren Bedenken Deutschlands vergessen, die Georgien
       mangelnde Reife für die Aufnahme attestierten. Tatsächlich jedoch ist die
       Kaukasusrepublik dem Nato-Beitritt noch nicht gewachsen. Nach den
       unverantwortlichen Provokationen in Südossetien seitens des georgischen
       Präsidenten noch weniger als im Frühling. Dennoch macht Merkels Angebot
       Sinn. Die Kanzlerin sendet ein eindeutiges Signal an Russland. Mit Merkels
       Kursschwenk kommt der Westen einer einheitlichen Politik gegenüber Russland
       endlich näher. Die Neuorientierung in Berlin dürfte in Moskau für
       Turbulenzen sorgen. Zu hoffen ist, dass Moskau einen konstruktiveren Kurs
       einschlägt.
       
       Russlands Ängste gegenüber der Nato sind unbegründet. Moskauer
       Traditionalisten nutzen alte Phobien, um ihre Macht im Innern auf Jahre
       festzuschreiben. Doch wo die Nato steht, herrscht meist Frieden. Eine
       frühere Beitrittsoption für die Nato hätte Georgiens Präsidenten vor sich
       selbst geschützt und Russland abgehalten, in den Nachbarstaat einzudringen.
       Langfristig wird sich die Verteidigungsallianz in ein politisches Bündnis
       verwandeln. Es ist dieser friedfertige Charakter, der ein anderes
       Zivilisationsmodell propagiert, wovor die autokratische russische Elite
       wirklich Angst hat.
       
       18 Aug 2008
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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