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       # taz.de -- Kommentar: Der Rest des Obrigkeitsstaats
       
       > Viele Beamte glauben: Was in den Amtsstuben vor sich geht, geht niemanden
       > etwas an. Doch wer im Auftrag der Bürger tätig wird, muss denen auch
       > Rechenschaft abgeben.
       
   IMG Bild: Ohne grundsätzliche Kritik ist der demokratische Geist auf Dauer nicht lebensfähig
       
       In Berlin sind gerade die letzten Reste des Obrigkeitsstaats zu
       besichtigen. Noch gibt es einige Beamte, die tatsächlich davon überzeugt
       sind: Was in den Amtsstuben vor sich geht, das hat die Bürger nicht zu
       interessieren. Und das zeigt sich nicht nur bei der von der
       Senatsverwaltung für Verbraucherschutz verschleppten Auskunft, die
       Greenpeace über gentechnisch veränderte Lebensmittel in Restaurants haben
       wollte.
       
       Die Parlamente haben in den vergangenen Jahren gleich eine ganze Reihe von
       Auskunfsrechten für die Bürger eingeführt: Umweltinformationsgesetz,
       Informationsfreiheitsgesetz, Verbraucherinformationsgesetz. Aber das
       Problem ist immer wieder, dass die Bürger die Auskünfte, auf die sie ein
       Recht haben, entweder überhaupt nicht oder nur sehr lückenhaft bekommen.
       Auch der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit
       kritisiert: Die Behörden neigen zu stark dazu, den Schutz von Betriebs- und
       Geschäftsgeheimnissen zu hoch zu gewichten. Und wenn es doch eine Antwort
       gibt, dann werden häufig saftige Gebühren fällig.
       
       Das Amtsgeheimnis passte sehr gut in eine Zeit, in der der Staat von einem
       König angeführt wurde und dieser sich auf Gott berufen konnte. Wer von oben
       legitimiert ist, muss sich nach unten nicht rechtfertigen: Es war
       undenkbar, dass ein Beamter einem Bürger Auskunft zu irgendetwas geben
       musste. Doch eine Demokratie verlangt einen neuen Umgang mit den
       Informationen, die eine Behörde angesammelt hat. Es muss endlich im
       Bewusstsein auch noch des letzten Beamten ankommen: Die Behörden werden
       inzwischen im Auftrag der Bürger tätig. Und die müssen dann auch auf
       Anfrage erfahren können, was alles in ihrem Aufrag und auf ihre Kosten
       geschieht.
       
       4 Aug 2008
       
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   DIR Theodor W. Adorno
       
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