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       # taz.de -- Deutsche Handballerin über Olympia: "In Peking darfst du nichts machen"
       
       > Grit Jurack, die beste Handballerin der Welt, beklagt den olympischen
       > Maulkorb, verzichtet aber auf Protest und hofft auf eine Medaille.
       
   IMG Bild: Dachte darüber nach, der Eröffnungsbranche fernzubleiben - und entschied sich dagegen: Topsportlerin Jurack.
       
       taz: Frau Jurack, die chinesische Regierung scheint pünktlich zu den
       Olympischen Spielen immer restriktiver zu werden. Haben Sie Angst, sich
       politisch zu äußern? 
       
       Grit Jurack: Du darfst nichts machen.
       
       Darüber herrscht also Klarheit im Team? 
       
       Wir haben Instruktionen und viel Material bekommen. Außerdem sprechen wir
       im Mannschaftskreis häufig darüber.
       
       Sie wollten aber eigentlich etwas machen und haben darüber nachgedacht,
       ihre politische Meinung kundzutun. 
       
       Wie andere Sportler auch habe ich darüber nachgedacht, ein Armband zu
       tragen oder der Eröffnungsfeier fernzubleiben.
       
       Und jetzt? 
       
       Wir wissen, dass wir uns an den Wettkampfstätten und im olympischen Dorf
       nicht äußern dürfen. Da uns auch empfohlen wurde, dass olympische Dorf
       nicht zu verlassen, werden wir wohl dableiben - damit haben sich Äußerungen
       erübrigt.
       
       Würden Sie das Dorf gern verlassen? 
       
       Natürlich würde ich gern den Platz des himmlischen Friedens und die
       verbotene Stadt sehen. Aber wenn da niemand für meine Sicherheit
       garantieren kann, habe ich darauf keine Lust.
       
       Es gibt auch eine Richtlinie, was Sportler vor Ort online machen dürfen. 
       
       Ich weiß. Ich hab aber keine Website oder Blog - und weiß auch gar nicht,
       wie das funktioniert. Uns wurde gesagt, dass wir persönliche Eindrücke
       wiedergeben, aber nicht journalistisch tätig sein dürfen: Also keine
       Spielberichte oder Geschichten über Dritte.
       
       Sie selbst haben aber einen StudiVZ-Account. 
       
       Der wird wohl während der Spiele ruhen.
       
       Dann können Sie sich ganz aufs Sportliche konzentrieren. 
       
       Der dritte Platz bei der letzten Weltmeisterschaft rückt uns automatisch in
       Medaillennähe, wobei man bedenken muss, dass das olympische Turnier
       deutlich besser besetzt ist. Mannschaften wie Paraguay nehmen dort nicht
       teil. Ich denke, dass wir wieder ins Halbfinale kommen können.
       
       und dann eine Medaille? 
       
       Das wäre supergeil. Es wäre der zweite Traum, der wahr würde: Erst die
       Teilnahme und dann noch eine Medaille.
       
       Sie spielen seit vier Jahren beim dänischen Meister Vibork HK. Mittlerweile
       sind fünf weitere deutsche Nationalspielerinnen in Dänemark tätig. Ist
       dadurch das Niveau des Nationalteams gestiegen? 
       
       Ja. Die dänische Liga gilt als die stärkste der Welt, dementsprechend hoch
       ist dort auch das Niveau, und fast alle wurden in internationalen
       Wettbewerben eingesetzt. Obwohl in Leverkusen und Leipzig auf einem
       ähnlichen Level gespielt wird.
       
       Was fehlt dem Frauenhandball in Deutschland? 
       
       Die mediale Aufmerksamkeit. Das ZDF berichtet lieber über den Spielausfall
       eines Fußball-Bundesligisten, als das von uns aufgezeichnete Spiel in
       Ausschnitten zu zeigen. In Deutschland kommt halt erst Fußball und dann
       lange nichts.
       
       Woran merken Sie das? 
       
       In Dänemark erkennt mich fast jeder. In Deutschland kennt mich niemand.
       Letztes Jahr habe ich im Zuge meiner Diplomarbeit eine Imageanalyse des
       Viborg HK gemacht und nachgezählt, dass 17 Spiele live im Fernsehen gezeigt
       wurden. Die deutschen Mannschaften haben höchstens 17 Minuten TV-Präsenz
       pro Saison.
       
       Obwohl Dänemark die beste Liga hat, konnten sich die dänischen Frauen nicht
       für Olympia qualifizieren. Ist das ein ähnliches Phänomen wie im englischen
       Fußball? 
       
       Das wollen die dänischen Offiziellen gerne so darstellen, aber das stimmt
       nicht. Die Stammspielerinnen Dänemarks spielen hier in der Liga alle in
       ihren Vereinen in den ersten Sieben.
       
       Woran liegt es dann? 
       
       Die Zeit der sogenannten Eisen-Ladys [die 1996, 2000 und 2004 jeweils
       olympisches Gold für Dänemark holten, d. Red.] ist vorbei. Nun müssen die
       Däninnen den Umbruch schaffen.
       
       INTERVIEW JÜRN KRUSE
       
       31 Jul 2008
       
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   DIR Frauen-Handball
       
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