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       # taz.de -- Kommentar Bundeswehrgelöbnis: Autistische Verweigerung der Debatte
       
       > Der Verteidigungsminister will auf breiter Front öffentlichen Raum für
       > die pathetische Feier des Militärischen besetzen. Seine Taktik:
       > Vollendete Tatsachen schaffen.
       
       Der Einsatz der Bundeswehr unterliegt der Zustimmung des Bundestages. Gibt
       es also einen geeigneteren Ort für das feierliche Gelöbnis der
       Wehrpflichtigen dieses "Parlamentsheers" als der Vorplatz vor dem Sitz
       ebendieses Parlaments, also den Berliner Platz der Republik? So die Logik,
       der sich Berlins Regierender Wowereit jetzt angeschlossen hat. Klingt
       vernünftig, ist es aber nicht.
       
       Man darf die Frage, ob der Bundeswehr ein legitimer Anspruch auf
       symbolische Repräsentation in der Demokratie zusteht, nicht in allzu
       luftig-abstrakter Höhe diskutieren. Tatsache ist, dass
       Verteidigungsminister Jung auf breiter Front einen öffentlichen Raum
       besetzen möchte, der der Feier des Militärischen vorbehalten bleiben soll -
       und dies in den konventionellen Formen, denen die Herkunft aus
       vordemokratischen Zuständen auf der Stirn geschrieben steht: der
       Rehabilitierung des Eisernen Kreuzes beispielsweise, dem Denkmal für die
       "gefallenen" Bundeswehrsoldaten und eben den öffentlichen Gelöbnissen, die
       vom Ausnahme- zum Regelfall gemacht werden sollen.
       
       Die weihevoll-pathetische Denkungsart Jungs in Sachen Militär entspricht
       seiner nahezu autistischen Haltung gegenüber den Anforderungen einer
       Debatte, sobald es um die öffentliche Symbolisierung des Militärischen
       geht. Sein taktisches Vorgehen folgt der Maxime, möglichst vollendete,
       nicht mehr diskutierbare Tatsachen zu schaffen, wie bei der Planung des
       Gefallenendenkmals geschehen. Im Fall des Gelöbnisses auf dem Platz der
       Republik sah das Verteidigungsministerium den Antrag an das Grünflächenamt
       Berlin-Mitte nur als formalen Akt an, gerichtet an eine untergeordnete
       städtische Instanz. Weshalb sie die Ablehnung auch auf obrigkeitsstaatliche
       Weise abkanzelte: "Wir sind stark irritiert, dass sich auf der Ebene des
       Grünflächenamtes angemaßt wird, über die Würde des Veranstaltungsortes zu
       entscheiden." Wo kämen wir hin, wenn eine Behörde, deren Horizont nicht
       über die Höhe der von ihr verwalteten Grashalme hinausreicht, sich mit
       "Würde" beschäftigt. Jetzt, nach Wowereits Bescheid, ist diese Anmaßung
       zurückgewiesen.
       
       11 Jul 2008
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Semler
       
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