# taz.de -- Hisbollah und Regierung einigen sich: Lauter Gewinner im Libanon
> Annäherung im Fünfsternehotel: Die Hisbollah stärkt ihre Position im
> Kabinett und muss ihre Waffen nicht abgeben, aber ein Sieg bei nächsten
> Wahlen bleibt ihr verwehrt.
IMG Bild: Die Shuttle-Diplomatie des Emirs von Katar im Luxushotel war am Ende erfolgreich.
KAIRO taz In Beirut wurde vor Freude in die Luft gefeuert. Im Golfemirat
Katar lagen sich libanesischen Politiker und ihre Gastgeber in den Armen.
Nach einer 18-monatigen politischen Krise und fast sechs Monaten ohne
Präsidenten einigten sich die prowestliche Regierung unter Fuad Siniora und
das von der Hisbollah angeführte Oppositionsbündnis Libanons bei Gesprächen
in Katar endlich auf einen Kompromiss.
Nächsten Sonntag werden sie im Parlament den Armeechef Michel Suliman zum
Präsidenten wählen. Die vom Iran und Syrien unterstützte Opposition erhält
ein Drittel der Kabinettsplätze - 11 Posten gegen 16 für das bisherige
Regierungslager - und damit ein Vetorecht bei allen
Regierungsentscheidungen. Damit stellt die Hisbollah sicher, dass es in
Beirut keine strategischen Entscheidungen gegen die Schiitenmiliz geben
kann, wie etwa die Forderung nach deren Entwaffnung. Aber auch die
Regierung hat durchgesetzt, dass das Wahlgesetz nicht, wie von der
Opposition gefordert, radikal geändert wird: Mit wenigen Ausnahmen bleibt
die Aufteilung der Wahlbezirke so, wie sie ist. Damit sichert sie
wahrscheinlich erneut ihre parlamentarische Mehrheit bei den nächsten Wahl
"Es gibt keine Verlierer. Ganz Libanon ist der Gewinner", erklärte
anschließend Telekommunikationsminister Marwan Hamadeh, wenngleich die
meisten Beobachter das Abkommen als einen moderaten Sieg der Opposition
interpretierten.
Der Deal folgte auf Schießereien zwischen Regierung und Opposition, bei
denen Anfang des Monats mindesten 67 Menschen in Beirut und den umliegenden
Bergen ums Leben gekommen waren. Ausgelöst worden waren diese
Auseinandersetzungen von der Entscheidung der Regierung, ein
Hisbollah-eigenes Telefonnetz für illegal zu erklären und den
oppositionsnahen Sicherheitschef des Beiruter Flughafen zu feuern. Beide
Schritte waren von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah als Kriegserklärung
gedeutet worden. Indem die Opposition die Kämpfe in nur wenigen Tagen für
sich entschieden hatte, verschoben sich die Kräfteverhältnisse in Beirut
zugunsten der Hisbollah-geführten Opposition, während im ganzen Land die
Furcht vor einem Bürgerkrieg wuchs.
Beide Seiten stimmten daraufhin der Einladung des Emirs von Katar nach Doha
zu, um die Krise in Gesprächen beizulegen. Es folgten vier Tage
Shuttle-Diplomatie innerhalb eines Fünfsternehotels in Doha, bei denen am
Ende der Emir persönlich zwischen den Zimmern der Regierung und denen der
Opposition wandelte.
In den ersten Tagen wäre die Zusammenkunft fast gescheitert, als Vertreter
der Regierung auch das Thema der Entwaffnung der Hisbollah diskutieren
wollten, was die Opposition kategorisch abgelehnt hatte. Die Forderung, die
Hisbollah zu entwaffnen, wurde anscheinend vorerst aufgegeben, wenngleich
Marwan Hamadeh anschließend erklärte, dass das Abkommen den Gebrauch von
Waffen im Inneren Libanons untersagt.
Bei der Zeremonie zum Abschluss des Abkommens versprach Parlamentssprecher
und Oppositionsmitglied Nabih Berri, dass eine Zeltstadt im Zentrum Beiruts
aufgelöst werden soll, mit der die Opposition nun schon seit über einem
Jahr die Regierungsgebäude effektiv unter Belagerungszustand gestellt
hatte. Berri bezeichnete dies als "Geschenk der Opposition" zur Feier des
Abkommens. Bereits eine Stunde später begannen Anhänger der Opposition, die
Zeltstadt, die das Leben in der Innenstadt so lange lahmgelegt hatte, auf
Lastwagen zu verladen.
21 May 2008
## AUTOREN
DIR Karim Gawhary
DIR Karim El-Gawhary
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