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       # taz.de -- Fußball in der Oberliga: Im Stadion soll wieder die Post abgehen
       
       > Völlig überraschend will Tennis Borussia das verwilderte Poststadion in
       > Berlin-Moabit übernehmen und als Arena mit 16.000 Sitzplätzen herrichten.
       > Der Charlottenburger Verein erhofft sich dadurch mehr Besucher
       
   IMG Bild: Es geht noch grüner im Moabiter Poststadion – als bei diesem Spiel zwischen Pfarrern und Imamen 2016
       
       Es scheint, als erwachten im Frühling 2008 nicht nur die Gefühle der
       Menschen, sondern auch diverse Pläne zur Wiederbelebung maroder
       Fußballstadien. Nachdem der 1. FC Union aus Köpenick den Antrag stellte,
       der Senat möge dem Verein die baufällige "Alte Försterei" zwecks Sanierung
       überlassen (taz berichtete), überrascht nun Tennis Borussia (TeBe) mit dem
       sensationell anmutenden Projekt, das baufällige Poststadion in Moabit zu
       übernehmen und zu modernisieren. "Wir könnten schnell mit dem Bau anfangen.
       Wir haben Zusagen von Banken für die Finanzierung und Investoren an der
       Hand", erklärte TeBe-Aufsichtsratschef Willy Kausch.
       
       Noch ist der Oberligist im Charlottenburger Mommsenstadion beheimatet. Doch
       im Schatten des großen Nachbarn Hertha BSC aus dem Olympiastadion fühlen
       sich die "Veilchen" in ihrem Wachstum behindert. Meist verlieren sich nur
       wenige hundert Fans auf den Rängen des "Mommse". Im Berliner Zentrum, wo
       die Veilchen schon vor 1945 Wurzeln schlugen und Sepp Herberger in der
       Weimarer Republik im TeBe-Trikot stürmte, rechnet Borussia mit deutlich
       mehr Resonanz.
       
       Unternehmer Kausch sieht gute Chancen, in einem modernen Poststadion neue
       Fans und Sponsoren in die früher zweitgrößte Kampfbahn der Metropole zu
       locken. Einst boxte Max Schmeling in der 50.000-Plätze-Arena. Adolf Hitler
       verlor an dieser Stelle die Lust am Fußball, als Deutschland bei den
       Olympischen Spielen 1936 gegen Norwegen mit 0:2 aus dem Turnier ausschied.
       Doch seit Jahren fristet die Arena aus den 20er-Jahren ein Schattendasein,
       die Natur eroberte große Teile zurück, halb ausgewachsene Bäume stehen auf
       den einstigen Rängen.
       
       TeBe hat bei einem renommierten Architekten, der noch nicht genannt werden
       möchte, den Entwurf für ein reines Fußballstadion anfertigen lassen; der
       Plan liegt der taz vor. Ein Baukonzern steht Spaten bei Fuß. "Im November
       haben wir das Projekt dem Senat vorgestellt", erzählt Kausch, und der habe
       positiv reagiert.
       
       Und so sähe die neue TeBe-Heimat aus: In das vergammelte Poststadion wird
       ein Schmuckkästchen für 16.000 Zuschauer implantiert. Die
       Leichtathletik-Laufbahn entfällt, die alten Erdwälle und die
       denkmalgeschützte Tribüne werden in Schuss gebracht und in das Ensemble
       integriert.
       
       Das Projekt ist so konzipiert, dass die Bezirksanlage mit TeBe wachsen
       könnte. Schwingt sich der frühere Bundes- und jetzige Oberligist zu alter
       Stärke auf - das langfristige Ziel heißt: 2. Bundesliga -, "dann könnte die
       Arena problemlos auf ein Fassungsvermögen von 30.000 Zuschauern ausgebaut
       werden", erklärt Kausch. Mit dem Bezirk soll am 15. April über das weitere
       Prozedere geredet werden. Angeblich gibt es allerdings noch Vorbehalte, da
       befürchtet wird, dass der Breitensport aus dem Poststadion vertrieben
       werden könnte. "Dies Angst ist unberechtigt", beteuert Kausch.
       
       Doch was passiert mit Union 06, Ankaraspor und den Leichtathleten, die an
       der Lehrter Straße beheimatet sind? "Keiner soll vertrieben werden. Wir
       könnten noch einen weiteren Verein als Nutzer gebrauchen", versichert der
       TeBe-Aufsichtsratschef. Event-Manager Kausch, der auch die Silvesterfeier
       am Brandenburger Tor veranstaltet, will die gesamte Sportanlage am
       Fritz-Schloß-Park erneuern und dem Kiezsport und zugkräftigen
       Veranstaltungen öffnen.
       
       Dass der Bezirk Treptow-Köpenick dem Rivalen Union einen Erbpachtvertrag
       für die "Alte Försterei" in Aussicht stellt, damit die Eisernen ihr Stadion
       profitauglich machen, wertet man bei TeBe als eine Art Grundsatzurteil der
       Politik. "Da kann man nur sagen: Danke, Union!", so der frühere
       Borussen-Vorstand Peter Antony, der mit Kausch das Projekt Poststadion auf
       den Weg gebracht hat. Jetzt hoffen sie, vom Bezirksamt Mitte ebenfalls
       einen Erbpachtvertrag angeboten zu bekommen.
       
       19 Mar 2008
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Schulz
       
       ## TAGS
       
   DIR Grüne Berlin
       
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