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       # taz.de -- Menschenrechtsverletzungen in Tibet: Dalai Lama klagt Peking an
       
       > Am Jahrestag des Aufstands gegen China fordert das spirituelle Oberhaupt
       > der Tibeter die Weltgemeinschaft auf, die Olympischen Spiele dafür zu
       > nutzen, China an seine Versprechen zu erinnern.
       
   IMG Bild: Tibetbeflaggung zum Tag des Aufstands 1959, hier am Montag in Potsdam.
       
       DELHI/ATHEN/KATHMANDU dpa/taz Fünf Monate vor Beginn der Olympischen Spiele
       in Peking hat der Dalai Lama China für eine Verschlechterung der
       Menschenrechtslage im besetzten Tibet verantwortlich gemacht. "In Tibet
       nimmt die Unterdrückung weiter zu", sagte das geistige Oberhaupt der
       Tibeter am Montag in einer Ansprache zum 49. Jahrestag des tibetischen
       Aufstands gegen China. In seinem Exil im nordindischen Dharamsala
       kritisierte der Dalai Lama "zahlreiche, unvorstellbare und grausame
       Menschenrechtsverletzungen, Verweigerung der Religionsfreiheit und die
       Politisierung religiöser Themen". Verantwortlich sei der Mangel an Respekt,
       den die chinesische Regierung dem tibetischen Volk entgegenbringe.
       
       Der Dalai Lama betonte, er habe die Idee, die Olympischen Spiele nach China
       zu vergeben, "von Anfang an" unterstützt. Die internationale Gemeinschaft
       solle im August nicht nur ihre Athleten schicken, sondern China auch an die
       Prinzipien Meinungsfreiheit, Gleichheit und Freundschaft erinnern. Die Welt
       müsse auch nach den Olympischen Spielen auf kontinuierlichen Wandel in
       China hinwirken. Der Dalai Lama erkennt die Souveränität Chinas über Tibet
       an, fordert aber "echte Autonomie" für seine Heimat. In der von seinem Büro
       übersetzten und verbreiteten Rede beklagte der 72-Jährige am Montag, China
       nenne die Regionen, in denen Tibeter lebten, zwar autonom. Das sei aber nur
       ein leeres Wort. Die KP-Führung sieht den Dalai Lama als Separatisten und
       hofft nach seinem Tod die Suche seiner Reinkarnation beeinflussen zu
       können.
       
       In Dharamsala begannen am Montag rund 100 Exil-Tibeter einen langen
       Protestmarsch in ihre von China besetzte Heimat. Die chinesische Regierung
       nutze Olympia als Plattform, um die illegale Besetzung Tibets zu
       legitimieren, sagte der Präsident des Tibetischen Jugend- Kongresses,
       Tsewang Rigzin, in Dharamsala. "Wir zeigen auf, dass Tibet den Tibetern
       gehört und wir nie aufgeben werden, bis Tibet unabhängig wird." Die
       Tibetische Volksaufstands-Bewegung (TPUM) teilte mit, Ziel sei es, "die
       tibetische Freiheitsbewegung wieder zu beleben und die chinesische
       Besatzung Tibets zu bekämpfen".
       
       Aus Protest gegen die Besetzung ihres Landes entzündeten etwa 50 Tibeter
       vor dem Eingang der historischen Sportstätte im griechischen Olympia ein
       eigenes Olympisches Feuer. Das Gelände selbst hatte die Polizei abgesperrt,
       wie ein lokaler Radiosender berichtete. Das Internationale Olympische
       Komitee (IOC) erlaubt die Beteiligung einer tibetischen Mannschaft an den
       Spielen in Peking nicht. Die Organisatoren wollen am Tag vor Eröffnung der
       Olympischen Spiele das eigene tibetische Feuer bis zur indisch-tibetischen
       Grenze bringen.
       
       In Deutschland hissten Tibet-Unterstützzer in mehr als 920 Städten, Dörfern
       und Kreisen nach Angaben der Tibet Initiative Deutschland am Montag die
       Flagge Tibets auf Rathäusern und Ämtern. Wie der Verein in Frankfurt
       mitteilte, folgten dem Aufruf am 49. Jahrestag des tibetischen Aufstands
       gegen China etwa 140 Kommunen mehr als im Vorjahr. Ziel der Aktion sei es,
       das Recht des tibetischen Volkes auf Selbstbestimmung zu unterstützen und
       gegen die Verletzung von Menschenrechten und die Zerstörung der tibetischen
       Kultur und Religion zu demonstrieren.
       
       Bei Zusammenstößen in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu wurden
       mindestens drei tibetische Demonstranten und zwei Polizisten verletzt. Die
       Polizei teilte mit, sie habe Schlagstöcke eingesetzt, als Beamte von
       Unruhestiftern angegriffen worden seien. Zu den Zusammenstößen kam es, als
       die rund 4000 Demonstranten daran gehindert wurden, zur chinesischen
       Botschaft zu marschieren.
       
       Nach dem Scheitern des Aufstands in Tibet war der 14. Dalai Lama im März
       1959 vor chinesischen Besatzungstruppen nach Indien geflohen, wo die
       Regierung ihm seitdem Asyl gewährt. Insgesamt leben etwa 130 000 Tibeter im
       Exil, hauptsächlich in Indien, Nepal und Bhutan.
       
       10 Mar 2008
       
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