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       # taz.de -- Portrait der Ritter Sport-Chefin: Quadratisch. Praktisch. Fair.
       
       > Marli Hoppe-Ritters Firma Ritter Sport stellt quadratische Schokolade
       > her. Aus fair gehandeltem Kakao und unter fairen Arbeitsbedingungen.
       > Porträt einer 68er-Kapitalistin.
       
   IMG Bild: Braune Schokolade? Grüne Schokolade!
       
       Grell und quadratisch liegen die vielen Schokoladentafeln im
       Supermarktregal. Meterweise Wohlstandsstärkung, für die ohnehin oft viel zu
       dicken Bäuche Deutschlands. Reingeschoben nebenbei - auf der Reise, beim
       Fernsehen oder als Ersatzmahlzeit. Schokolade, das ist zwar in einigen
       Varianten noch ein Luxusprodukt, meist aber eine billige Ware. Der
       Konsument kann wählen, ob er sich für das Fair-Trade-Produkt entscheidet.
       Schokoladenhersteller haben es da schon schwerer: Eine Umstellung bedarf
       jahrelanger Planung. Ein Aufwand, den die Unternehmerin Marli Hoppe-Ritter,
       Eigentümerin der Ritter Sport Schokoladenfabrik, nicht scheut. Er könnte
       sich auch finanziell lohnen, denn was eine gute Schokolade definiert,
       unterliegt dem Wandel.
       
       1991 stand Hoppe-Ritter zum ersten Mal vor nicaraguanischen Bauern im Dorf
       Waslala und erklärte ihnen, weshalb sie den Kakao für ihre Fabrik in
       Deutschland künftig bei ihnen kaufen und ihnen zudem noch einen höheren
       Preis zahlen wollte.
       
       "Damit hat sie sich in die Herzen hineingeredet", sagt Hans Grebe, der das
       Kakaoprojekt Cacaonica seit 1991 organisiert. Was die Firma Ritter Sport
       aus Waldenbuch bei Stuttgart in Nicaragua unterstützt, ist ein
       Entwicklungsvorhaben. Es geht um Gerechtigkeit. Denn der normale
       Weltmarktpreis für Kakao schwankt stark. In manchen Jahren ist er so
       niedrig, dass sich die Bauern davon kaum ernähren können. Weil Ritter
       ungefähr ein Drittel mehr zahlt, garantiert die Firma den Produzenten
       materielle Sicherheit und exportiert einen Hauch mitteleuropäischen
       Wohlstandes. Die Dorfbewohner können ihre Kinder problemlos zur Schule
       schicken, dem kleinen Haus ein weiteres Zimmer hinzufügen, das Dach
       reparieren. "Es gibt jetzt Verkehrsprobleme", sagt Grebe, "Zwanzig Leute
       haben sich alte Taxis gekauft und verdienen Geld damit."
       
       Kein Wunder, dass sich Marli Hoppe-Ritter als Unternehmerin für diese Dinge
       interessiert. Ein bisschen aus der Reihe zu tanzen, das hat sich die
       Firmenerbin schon immer geleistet. "Radikal war sie aber nie, eher auf der
       moderaten, kooperativen Seite", sagt eine Mitstreiterin aus alten Tagen.
       Marli Hoppe-Ritter, Jahrgang 1948, begann ihr Studium 1967, als die
       Studenten beinahe täglich gegen die Restauration und Spießigkeit der
       Adenauer-Jahre demonstrierten. "Das habe ich mit Sympathie verfolgt, das
       hat mich begeistert", sagt sie. Der Aufbruch von 1968 ist ein fester
       Bestandteil ihrer Identität.
       
       Links sein, frei sein: dieser Zeitgeist herrschte noch in der ersten Hälfte
       der 1970er-Jahre, als Hoppe-Ritter in Heidelberg Jura studierte. Neben
       Westberlin und Frankfurt am Main war die Stadt eines der drei
       bundesdeutschen Zentren der aufrührerischen Akademiker. Hoppe-Ritter, Mitte
       zwanzig, mischte mit in der "Basisgruppe Jura A-Fraktion", einer eher
       gewaltlos und alternativ ausgerichteten Truppe. Mit ihren Kommilitonen
       besetzte sie das Juristische Seminar der Universität. Ab 1976 leitete sie
       den Verein, der das zweite selbstverwaltete Frauenhaus der Republik
       eröffnete. Bevor das Frauenhaus arbeitete, nahmen die Aktivistinnen Frauen,
       die vor den Schlägen ihrer Ehemänner flüchteten, privat in ihren Wohnungen
       auf. "Naiv", urteilt Hoppe- Ritter heute. Die Probleme der schutzsuchenden
       Frauen waren zu groß und fremdartig, als dass sie sich mit
       Freizeitpädagogik hätten lösen lassen. Sie drohten die akademischen
       Wohngemeinschaften zu sprengen. Um die Professionalisierung voranzubringen,
       finanzierte Hoppe-Ritter den Kauf des Frauenhauses mit einem Darlehen. Die
       Zinsen, die der Verein an sie zahlte, spendete sie zurück. Nur Insidern war
       klar, dass das feministische Projekt vom Geld der Schokoladenfabrik lebte.
       "Damit bin ich nicht hausieren gegangen", sagt Hoppe-Ritter. Noch heute
       leitet sie den Förderverein, der Spenden einwirbt.
       
       "Sie unterstützte einen Gegenentwurf", sagt Martin Stather, Freund und
       Ausstellungsleiter beim Mannheimer Kunstverein. Allerdings aus der zweiten
       Reihe - das war lange Zeit Hoppe-Ritters typische Rolle: sich nicht selbst
       nach vorne zu stellen, sondern die Leute in der ersten Reihe finanziell zu
       fördern. Nicht nur für das Frauenhaus gab sie Geld, sondern auch für den
       Wunderhorn Verlag ihres Freundes Manfred Metzner. In der Tradition der
       romantischen Lieder- und Gedichtesammlung "Des Knaben Wunderhorn" von Achim
       von Arnim und Clemens von Brentano wollten sich die linken Studenten der
       Siebzigerjahre die deutsche Geschichte neu aneignen. Mit harter Mark half
       Hoppe-Ritter auch der alternativen Stadtzeitung Kommunale, die die
       Bevölkerung Heidelbergs in den Achtzigerjahren mit den Ideen der Öko- und
       Friedensbewegung bekannt machte.
       
       Aber dann starb 1974 der Vater Alfred Ritter, der Sohn des Gründers. Seine
       Witwe Martha übernahm die Nachfolge, man bestellte eine externe
       Geschäftsführung. Marli und Alfred junior (Jahrgang 1953) wurden Mitglieder
       des Beirates, der die Geschäfte beaufsichtigte. "Das war ein Spagat", sagt
       Hoppe-Ritter. Hier die Ideen von einer besseren Welt - Gerechtigkeit
       gegenüber den Entwicklungsländern, gleiche Rechte für Frau und Mann,
       Umweltschutz und Frieden. Das Wahre, Schöne und Gute. Dort die Firma der
       Eltern - "Quadratisch. Praktisch. Gut", wie der Werbespruch lautet. Die
       Produktion von Millionen bunter Tafeln Schokolade. Milchpulver, Haselnüsse,
       Marzipan. Mit so etwas hatten die Twens in der Nachfolge der 1968er nicht
       viel im Sinn. Ein Unternehmen zu erben, das laut sozialistischer Theorie
       eigentlich vergesellschaftet werden sollte, gehörte auch nicht unbedingt
       zum Programm. Um dem Dilemma zu entgehen, spendeten damals einige Erben ihr
       Kapital für den revolutionären Kampf. "Zum Teil war es schwierig, beides zu
       verbinden, mein Leben in Heidelberg und die Firma", sagt Hoppe-Ritter, "an
       der Kombination musste ich lange arbeiten."
       
       Als Zugeständnis an den Vater, der sich Sorgen um seine Nachfolge machte,
       belegte Hoppe-Ritter Volkswirtschaft. Weil "das Studium zu achtzig Prozent
       aus Mathematik bestand", wechselte sie aber bald zu Jura und arbeitete
       später auch als Rechtsanwältin. Der jüngere Bruder Alfred Ritter hielt es
       bei den Volkswirten ebenfalls nicht lange aus: Er entschied sich für die
       Psychologie, eröffnete eine Praxis und behandelte seine Patienten nach der
       bioenergetischen Methode. Alsdann machte er sich als Unternehmer
       selbstständig und produzierte Ökoenergieanlagen.
       
       Es war eine Idee, die Marli Hoppe-Ritter 1991 nach Nicaragua brachte.
       Sechzehn Jahre später, 2007, ist die Firma nun endlich bereit, den damals
       gesetzten Standard zu erfüllen. Eine fair gehandelte Bioschokolade soll auf
       den Markt kommen. "Dass die Lieferung aus Nicaragua so schwierig würde,
       haben wir nicht vorausgesehen", sagt Hoppe-Ritter. Im Jahr 2000, knapp zehn
       Jahre nach Beginn des Projekts, erhielten die ersten zweiundachtzig Bauern
       das Zertifikat der Europäischen Union für Bioanbau. Weitere zwei Jahre
       dauerte es, bis der erste Biokakao nach Waldenbuch geliefert wurde. Und
       heute kommt es immer wieder vor, dass die Bauern ihren Kakao direkt an
       einheimische Lkw-Fahrer verkaufen, statt ihn mühselig mit dem eigenen
       Maultier zur Annahmestelle der Kooperative nach Waslala zu bringen. Die
       geringe Liefermenge habe also nicht nur mit der finanziellen Bereitschaft
       ihrer Firma zu tun, sagt Hoppe-Ritter. Aber ein Grund ist darin wohl schon
       zu suchen. Denn Ritter Sport ist als Massenhersteller positioniert. Die
       Kapazität der Fabrik in Waldenbuch liegt bei knapp einer Milliarde Tafeln
       pro Jahr. Der Verkaufspreis spielt eine wesentliche Rolle, die Konkurrenz
       ist hart. Der Spielraum für außergewöhnliche Kosten, die den Preis in die
       Höhe treiben, hält sich deshalb in Grenzen.
       
       Aber er ist doch vorhanden. Marli Hoppe-Ritter und ihr Bruder wollen die
       Strategie verändern - und haben jetzt auch bessere Möglichkeiten dazu. Denn
       seit Dezember 2005 ist Bruder Alfred selbst Geschäftsführer. Der Vorgänger
       Olaf Blank hat die Firma verlassen. Es gab Zerwürfnisse über die
       Expansionsstrategie. Auch zum Thema "Bioschokolade" herrschten
       unterschiedliche Einschätzungen, doch am Ende setzten sich die Geschwister
       Ritter gegen die Geschäftsführung durch.
       
       Nun also soll die Bioschokolade kommen. Künftig wird die Firma viel mehr
       organisch hergestellten Kakao aus Nicaragua abnehmen als bisher. Um einen
       Anreiz für größere Liefermengen zu bieten, zahlt man den Kleinbauern
       neuerdings 3.000 Euro pro Tonne - einen höheren Kaufpreis als zuvor. Der
       Weltmarktpreis lag im Sommer 2007 bei 2.000 Euro. Dieser Zuschlag von einem
       Drittel ist Ausdruck einer Haltung: Die Eigentümer sind bereit, sich ihre
       Ideale etwas kosten zu lassen - zumindest etwas mehr als früher.
       
       Doch auch der Markt unterstützt diese Entscheidung. "Die grüne Schokolade
       wird gesellschaftsfähig", sagt Wolfgang Werth, der in der hauseigenen
       Marktforschung arbeitet. Er stellt einen Stimmungswandel in der Bevölkerung
       fest. "Gesunde Ernährung, biologische Nahrungsmittel und fairer Handel
       spielen eine größere Rolle." Hoppe-Ritter sagt, dass das Unternehmen
       deutlich mehr E-Mails von Verbrauchern erhalte, die sich für die
       Bedingungen der Produktion interessierten. Angesichts dieser Änderung der
       gesellschaftlichen Atmosphäre glauben die Eigentümer nicht, dass sie der
       Massenmarke Ritter Sport Schaden zufügen, wenn sie ein Ökoprodukt
       herausbringen. Im Gegenteil: Sie erhoffen sich Vorteile. Denn die Bedeutung
       des Werbespruchs "Quadratisch. Praktisch. Gut" verändert sich - "gut" heißt
       inzwischen mehr als bloß "gute" Qualität. Der hohe Nutzwert bei
       angemessenem Preis spielt zwar immer noch die ausschlaggebende Rolle. Doch
       guter Geschmack, reichlich Kakao und Haselnüsse allein reichen manchem
       Verbraucher nicht mehr. Der moralische Anteil von "gut" nimmt zu. Die Leute
       wollen jetzt wissen: Enthält das Fett in der Schokolade gentechnisch
       veränderte Anteile? Wie viele Pestizide braucht man für den Anbau der
       Kakaopflanzen? Was verdienen die Bauern? Wie steht es mit der
       Klimabelastung? Eine Umfrage des Instituts TNS-Infratest vom Sommer 2007
       belegt diesen Trend: Langlebigkeit und Preis eines Produktes waren für 81
       beziehungsweise 79 Prozent der Befragten ein wichtiges Kriterium beim Kauf,
       dicht gefolgt von Klima- und Umweltschutz. Für 690 von 1.000 Befragten war
       die ökologische Qualität der Produkte wichtig.
       
       Die Kooperation mit den Kakaobauern in Nicaragua ist für Ritter auch in
       anderer Hinsicht von Vorteil. Der Kakaomarkt ist umkämpft, vor allem
       Edelkakao aus Mittelamerika, angebaut ohne Chemie, ist knapp und begehrt.
       Käufer jagen sich gegenseitig die Erntemengen ab. In diesem Spiel will die
       Firma Ritter ihre Position verbessern und den Einkauf sichern. "In den
       kommenden zwei Jahren bringen wir eine Bioschokolade auf den Markt", sagt
       Hoppe-Ritter. Die Entwickler in Waldenbuch arbeiten daran, probieren
       Zutaten und Rezepturen aus.
       
       Gelingt der Plan, wäre das nicht nur eine gute Sache; es wäre ein
       Durchbruch. Die großen Produzenten haben bislang keine Sorte hergestellt,
       die den Kriterien sowohl des biologischen Anbaus als auch des fairen
       Handels genügt. Politisch korrekte Schokolade wird nur von kleinen
       Herstellern an vergleichsweise wenige Kunden verkauft. Das sind ökonomische
       Nischen. Einzig die Firma Stollwerck, fünftgrößter Anbieter, verkauft unter
       der Marke Sarotti seit 2007 ein Bioprodukt. Ritter Sport dagegen ist -
       zusammen mit Milka - Marktführer bei den Schokoladentafeln, die hundert
       Gramm wiegen. Als Nummer eins in Deutschland würde Ritter mit seiner
       Bioschokolade deshalb das Zeichen setzen, dass ehemals alternative
       Konsumgewohnheiten nun auch auf dem Massenmarkt zum ökonomischen Faktor
       werden.
       
       "Wir wollten uns den Zugang zu Wissen über den Kakaoanbau erarbeiten", sagt
       Marli Hoppe-Ritter. Besonders über Edelsorten, die nicht in den
       afrikanischen Hauptlieferländern wachsen, sondern nur in Mittelamerika.
       Außerdem waren die Geschwister interessiert am Einfluss auf die
       Rohstoffproduktion. Die Abhängigkeit von den Lieferanten erfüllte sie mit
       Sorge. So weit die betriebswirtschaftlichen Überlegungen - aber auch
       ökologische Gesichtspunkte spielten eine Rolle. Weil die wachsende
       Landbevölkerung immer neue Äcker braucht, holzt sie den Regenwald ab.
       Kakaoanbau ist eine Möglichkeit, dies zu verhindern: Die Pflanzen mit den
       roten Früchten gedeihen gut im Schatten höherer Bäume.
       
       Mehr als drei Millionen Euro hat Ritter bislang in die Zusammenarbeit
       investiert. Projektleiter Grebe erhält sein Gehalt seit 1990 aus
       Waldenbuch. Die Firma stellte den Bauern Pflanzen, Werkzeuge und Ausrüstung
       zur Verfügung. Fünfhundert Bauernfamilien produzieren mittlerweile in
       Zusammenarbeit mit der Kooperative von Waslala. Dennoch ist die Lieferung
       von Biokakao nach Deutschland bislang nicht über eine homöopathische Dosis
       hinausgekommen. In den Jahren 2006 und 2007 verkaufte die nicaraguanische
       Genossenschaft Ritter ungefähr so viel, wie die Schokoladenfabrik an einem
       Tag verbraucht. Neunundneunzig Prozent des Rohstoffs stammen weiterhin aus
       der normalen Weltmarktproduktion, die nicht an besondere Sozial- oder
       Umweltstandards gebunden ist. Wie die anderen Unternehmen auch bezieht
       Ritter einen wesentlichen Teil aus Westafrika - aus Ländern wie Ghana und
       Elfenbeinküste berichten Menschenrechtsorganisationen immer wieder von
       Kinderarbeit. Konkrete Vorwürfe gegen Ritter gibt es aber nicht.
       
       Sicher ist es eine honorige Angelegenheit, arme lateinamerikanische Bauern
       zu unterstützten und ihnen den Kakao zu einem höheren Preis abzukaufen.
       Aber handelt es sich angesichts der Masse der normalen Importe nicht um
       Luxus, um Dritte-Welt-Schnickschnack zur Beruhigung des Gewissens der
       Eigentümer? Eine wohlfeile Maßnahme, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass
       man ein bisschen besser ist als die Konkurrenz? Müsste die Firma Ritter mir
       ihrem Umsatz von 280 Millionen Euro (2006) nicht etwas großzügiger sein,
       als innerhalb von zehn Jahren drei Millionen Euro zu stiften?
       
       Ja, Ritter könnte. Aber es gilt auch: Nur wer gut dran ist, kann etwas
       abgeben. Diesen Grundsatz missachten viele Firmen. Ritter ist dagegen ein
       Beispiel dafür, dass in der Wirtschaft nicht nur eine Logik funktioniert.
       Manager und Unternehmer haben grundsätzlich die Wahl zwischen verschiedenen
       Varianten. Sie können entscheiden, ob sie hohe, schnelle Profite anstreben
       oder langfristige, moderate Gewinne. Im Extremfall ist es möglich,
       vorübergehend auf Profit zu verzichten, um eine bessere Ausgangsposition
       für die Zukunft zu erreichen. In Aktiengesellschaften ist diese
       Wahlfreiheit oft eingeschränkt, in Familienunternehmen dagegen etwas
       größer.
       
       Wir müssen nicht permanent eine hohe Rendite erwirtschaften", sagt Marli
       Hoppe-Ritter. Diesen Luxus ermöglichen die Eigentumsverhältnisse und die
       Rechtsform des Unternehmens. Als GmbH & Co. KG in Familienbesitz unterliegt
       Ritter nicht den gleichen Verpflichtungen wie börsennotierte
       Aktiengesellschaften, die ihre Anteilseigner in kurzen Abständen
       informieren und den Aktienkurs hoch halten müssen. Vorteil: "Wir können
       unsere persönlichen Wertvorstellungen besser ins Unternehmen einbringen",
       so Hoppe-Ritter. Dem Druck der Finanzanleger und ihren Gewinnerwartungen
       ist ein Familienunternehmen weniger stark ausgesetzt. Ziele wie
       Nachhaltigkeit, Ökologie, sozialer Ausgleich und Fair Trade können deshalb
       eine größere Rolle spielen - wenn die Eigentümer solche Gedanken fördern.
       
       Ihre Philanthropie lebt Hoppe-Ritter in der Kunst aus. Im September 2005
       eröffnete sie ihr eigenes Museum. Ein kalkheller Kubus steht jenseits der
       Schokoladenfabrik. Das großzügige zweistöckige Gebäude mit Blick ins
       Naturschutzgebiet misst exakt 44 mal 44 Meter. Geplant hat es der
       renommierte Schweizer Architekt Max Dudler, manche Stadt würde sich die
       Finger danach lecken. "So ein großes Projekt habe ich in meinem Leben noch
       nicht realisiert", sagt die Unternehmerin. 130.000 Besucher kamen in den
       ersten anderthalb Jahren nach Waldenbuch, um einen Ausschnitt von
       Hoppe-Ritters rund 700 Werke umfassender Sammlung zu sehen. Sie kauft
       Kunst, die das Quadrat thematisiert. Eines ihres Lieblingsstücke ist das
       "Tableau feu" von Bernard Aubertin aus dem Jahr 1965. Sie weiß auch: "Das
       Museum vermittelt ein positives Bild der Marke Ritter Sport."
       
       Betriebsrätin Geiger sieht das ähnlich - und zwar vom Standpunkt der
       Beschäftigten aus. "Ich betrachte das Museum Ritter als Zusage an den
       Standort Waldenbuch."
       
       Ist Marli Hoppe-Ritter nun eine konventionelle Unternehmerin, die sich ein
       bisschen Sozialpolitik für ihr gutes Gewissen leistet und per
       Kunstsponsoring ihren Namen überliefern will? Oder kann man sie als
       "soziale Kapitalistin" bezeichnen? "Ich würde sagen, die Ritters gehören zu
       den sozialeren Arbeitgebern", sagt Jürgen Reisig von der Gewerkschaft
       Nahrung-Genuss-Gaststätten.
       
       22 Feb 2008
       
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