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       # taz.de -- Doku über israelischen Ex-Staatschef: Heldenporträt für Ariel Scharon
       
       > Regisseurs Dror Moreh huldigt mit der Dokumentation "Sharon" dem
       > israelischen Ex-Staatschef Ariel Sharon. Auch kritische Stimmen dienen
       > der Feier des Helden.
       
   IMG Bild: Das ist der Mann aus dem Heldengeschichten gemacht werden: Ariel Scharon.
       
       Am Anfang sehen wir Ariel Scharon, umringt von Bodyguards, auf dem Weg zur
       Bühne. Die Kamera folgt ihm. Die Sprechchöre schwellen an, dann reißt
       Scharon wie ein Rockstar jubelnd die Arme in die Luft. So werden Heroen
       inszeniert - und das ist "Sharon": ein Heldenporträt. Und wie oft in
       solchen Erzählungen gibt es eine unverhoffte Wandlung des Protagonisten zum
       Guten. Scharon, der ewige Scharfmacher, ließ 2005 Siedlungen im
       Gazastreifen räumen. Regisseur Dror Moreh nimmt dies als Beweis für einen
       fundamentalen Schwenk Scharons. Dies ist Dreh- und Angelpunkt des Films,
       sein Credo und Ziel.
       
       Ob Scharon wirklich ein Held des Rückzugs war, ist eine Frage der
       Perspektive. Für Scharon, der seit 1967 als Architekt der aggressiven
       Siedlungspolitik Israels in den besetzen Gebieten wirkte, war dieser
       Rückzug in der Tat ein Einschnitt. Einmal sieht man Scharon in einer jener
       Siedlungen, die in Gaza geräumt werden sollen. Er sitzt, unbewegt wie ein
       steinernes Monument. "Arik, warum verrätst du uns" schreit eine Frau. Und
       "Arik, fang einen Krieg an."
       
       Immer wieder sehen wir, untermalt von einem düsteren Soundtrack, Blutlachen
       von Opfern palästinensischer Selbstmordattentate in Israel. Oft in
       Zeitlupe. Später sieht man aus einem Hubschrauber ein rotes Auto. Eine
       Rakete wird abgeschossen, das Auto explodiert. Die Szene zeigt eine
       gezielte Tötung, geplant und ausgeführt vom israelischen Staat. Wir sind in
       dieser Szene Zeugen eines staatlichen Mordes - doch in "Sharon" erscheinen
       diese Bilder als nötige Selbstverteidigung. "Scharon wollte lieber tote als
       gefangene Terroristen", sagt einer seiner Mitarbeiter.
       
       Dror Moreh lässt auch Uri Avnery und den palästinesischen Unterhändler Saeb
       Erekat zu Wort kommen, allerdings nur sehr knapp. Den Ton geben andere vor:
       Condoleezza Rice, von der außer diplomatischen Floskeln allerdings wenig zu
       hören ist, und Joschka Fischer. Fischer erzählt die wohl interessantestes
       Episode und macht die unerfreulichste Bemerkung in diesem an
       Unerfreulichkeiten so reichen Film. Einmal habe ihm Scharon erzählt, dass
       auf seiner Farm seit mehr als 20 Jahren ein Palästinenser arbeite, der ihm
       auch mal bei der Geburt eines Kalbs helfe. Doch selbst "in diesem intimsten
       Moment eines Viehzüchters" kehre Scharon dem Araber "nicht einen Moment den
       Rücken zu". So weit, so aufschlussreich. Dann sagt Fischer: "Ich habe mit
       vielen Arabern verhandelt, und ich verstehe, warum Scharon so misstrauisch
       war." Dazu lächelt er. Es ist kein ironisches Lächeln, das Distanz zu
       Scharons Paranoia markiert, es signalisiert Einverständnis. "So sind die
       Araber" sagt diese Lächeln. Wer glaubte, dass Fischer in Nahost die Rolle
       eines ehrlichen Maklers spielte, ist um eine Illusion ärmer.
       
       14 Feb 2008
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
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