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       # taz.de -- Kommentar Frankreich: Sarkozys Krieg gegen die Banlieue
       
       > Wahlkampf statt einer Poltik, die sie sich mit den Problemen in den
       > französischen Vorstädten auseinandersetzt - Verbessert hat sich dort
       > bislang nichts.
       
   IMG Bild: Die Probleme im Blick - aber werden sie auch gelöst?
       
       Die Ghettos an den Rändern der französischen Großstädte sind ein zentrales
       Problem Frankreichs. In der Banlieue zeigen sich alle Härten und
       Ungleichheiten der Gesellschaft in konzentrierter Form: Dort ist die
       Arbeitslosigkeit am höchsten. Dort ist das schulische Versagen am weitesten
       verbreitet. Dort ist der urbane Raum am wenigsten ansprechend gestaltet.
       Dort sind Einwandererfamilien seit mehreren Generationen fernab der
       Mehrheitsbevölkerung "geparkt".
       
       Insofern hat Nicolas Sarkozy Recht, wenn er die Banlieue-Frage in den
       Mittelpunkt seiner Politik stellt. Das Problem ist, dass er die Banlieue
       immer dann bemüht, wenn ein Wahlkampf ansteht. 2005, während der
       wochenlangen Herbstunruhen in den Vorstädten, goss er als Innenminister Öl
       ins Feuer, indem er die Vorstadtjugendlichen beschimpfte: "Ich werde das
       Gesindel wegkärchern."
       
       Damals bereitete der Innenminister seinen Präsidentschaftswahlkampf vor.
       Mit scharfen Parolen zielte er auf jene Klientel, die zuvor die
       rechtsextreme Front National gewählt hatte. Ihnen wollte er versichern,
       dass er der Mann der nötigen Härte sei, der die angeblich bedrohte innere
       Sicherheit unter Kontrolle bringen könne. Die Taktik hatte - wie sich im
       Mai 2007 zeigte - Erfolg: die Wähler der Rechtsextremen verschafften
       Sarkozy die nötige Mehrheit, um Staatspräsident zu werden.
       
       Ein knappes Jahr nach den Präsidentschaftswahlen hat sich die Lage in den
       Vorstädten nicht verbessert. Doch es sind bald wieder Wahlen. In einem
       Monat werden die Bürgermeister gewählt. Nachdem Sarkozy die
       Veröffentlichung des Banlieue-Plans monatelang immer wieder verschoben hat,
       ist es kein Zufall, dass er ihn zum Wahlkampfauftakt auf den Tisch legt.
       Und auch nicht, dass er den Plan erneut wie folgt kommentiert: "Krieg ohne
       Gnade gegen die Gauner in den Vorstädten".
       
       An solch wahltaktischem Kalkül ist bislang jede Banlieue-Politik der
       letzten Jahrzehnte in Frankreich gescheitert - sowohl unter linken als auch
       unter rechten Regierungen. Erst wenn die Banlieue-Politik tatsächlich
       nationale Priorität genießt - auch außerhalb von Wahl-Perioden -, wird sich
       in den Vorstädten tatsächlich etwas ändern.
       
       9 Feb 2008
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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