# taz.de -- Privatfernsehen-Lizenzen: "Kein Kommentar"
> Ex-Sat.1-Chef Schawinski beklagt die Aufteilung der Fensterprogramme
> durch einen Klüngel. Und nun steht die Vergabe der neuen Lizenzen an.
IMG Bild: Schawinski lächelt - redet aber nicht - schon gar nicht über die "Lizenz zum Gelddrucken"
"Keine Stellungnahme." Auch das ist ja vielleicht eine Aussage. Zumal wenn
sie gehäuft auftritt. Es ist schwierig, die aus der Reserve zu locken,
gegen die Vorwürfe erhoben werden.
Roger Schawinski ist der ehemalige Geschäftsführer von Sat.1. In seinem
Buch "Die TV-Falle" beschwert er sich im Kapitel "Lizenz zum Gelddrucken"
über Drittsendeverpflichtungen und Regionalfenster. Das kennt man von
Privatfernsehchefs: Sie müssen laut Rundfunkstaatsvertrag, sobald ihre
Sendergruppe 10 Prozent des Zuschauermarktanteils erreicht, unabhängigen
Dritten einen Teil ihrer Sendezeit für Fensterprogramme zur Verfügung
stellen. Sat.1 und RTL etwa sind betroffen. Das passt ihnen natürlich
nicht.
Gegen Alexander Kluges Firma DCTP etwa, die sonntags und montags am späten
Abend bei Sat.1 das Programm füllt, erhebt Schawinski (taz berichtete) den
Vorwurf, er würde "einen japanischen Literaten langfädig Fragen
beantworten" lassen, "auf Japanisch natürlich". Schawinski nennt das
indirekt Geldverschwendung. Kluge sagte zur taz, Schawinskis Text sei
derselbe, den schon Helmut Thoma, der frühere RTL-Chef, abgelassen habe.
"Es ist bekannt, dass die großen Sender Sat.1 und RTL auf die
Fensterprogramme lieber verzichten würden." Der japanische Literat sei
immerhin Nobelpreisträger - "die Pointe liegt darin, das so etwas Sat.1
eben nie von sich aus senden würde". Die medienpolitisch gewollte Vielfalt
würde gewahrt.
Und wenn man die Wahl zwischen Kluges intellektuellen Drahtseilakten und
vielem hat, was sonst bei Sat.1 läuft, kann man vielleicht verstehen, dass
manche Menschen geneigt sind, zu 4.000 Prozent auf Kluges Seite zu stehen.
Schawinskis Vorwürfe werden allerdings relevanter. Er schreibt, die
medienpolitischen Ziele, die durch Drittsendeverpflichtungen und
Regionalfenster erreicht werden sollen, würden durch die Realität ad
absurdum geführt. Er schreibt von einem Klüngel: Es würden medienpolitische
Geschenke an regierungstreue Fernsehunternehmer gemacht; er spricht von
"staatlich gesicherten Pfründen". Dem Fernsehunternehmer Josef Buchheit von
der Firma News & Pictures habe man unter anderem dank seiner "jahrelang
intensiv gepflegten Kontakte zur Mainzer Staatskanzlei, unter anderem
mittels seines besonders regierungstreuen Regionalprogramms", quasi "alle
geeigneten Sendeplätze im Rahmen der Drittsendeverpflichtungen" von Sat.1
zugeschlagen. Die Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz habe einst ein
Verfahren gegen Sat.1 wegen des Verdachts auf Schleichwerbung eröffnet -
Sat.1 war schon vorher durch Schleichwerbung aufgefallen. Man wolle das
Verfahren "kulant behandeln", habe man ihm mitgeteilt, so Schawinski, wenn
der Sender sich mit Buchheit über weitere Verträge einigen würde. "Die
Vermengung von völlig sachfremden Tatbeständen würde eine gravierende
Verletzung rechtsstaatlicher Prinzipien darstellen", so Schawinski.
Dazu: kein Kommentar von der Landesmedienanstalt und von Buchheit. Aber der
Kommentar von Reinhold Albert, dem Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der
Landesmedienanstalten, lautet: Er wisse nicht, ob das stimme, aber "wenn
das so gelaufen wäre, könnte ich Schawinskis Schlussfolgerung
nachvollziehen".
Joachim Leser, der bei Schawinskis Verlag Kein & Aber arbeitet, sagt, es
habe bislang trotz der nicht unerheblichen Vorwürfe "keine Reaktion
gegeben". Das wirkt doch etwas verwunderlich.
Am Samstag wurden übrigens die Lizenzen für die Drittsendezeiten bei Sat.1
von 2008 bis 2013 vergeben. Es gibt vier Sendezeitschienen: sonntags von 8
bis 9 Uhr morgens und von 22.45 Uhr bis 23.30 Uhr abends. Montags von 0.15
bis 1.15 Uhr und von 22.45 bis 23.30 Uhr. Der Vorschlag des Rechts- und
Zulassungsausschusses in Rheinland-Pfalz lautet: zwei dieser Schienen für
DCTP, zwei für News & Pictures. Entschieden wurde aber nach
Redaktionsschluss.
3 Sep 2007
## AUTOREN
DIR Klaus Raab
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