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       # taz.de -- Schach: Ranglistenerster kritisiert Weltverband
       
       > Der Inder Viswanathan Anand will die Chess Classic in Mainz gewinnen -
       > und wirft dem Schach-Weltverband FIDE vor, die eigenen Regeln zu brechen.
       
   IMG Bild: Ex-Weltmeister Viswanathan Anand spielt simultan mit Kindern
       
       taz: Herr Anand, droht Ihnen in Mainz die Ablösung durch Lewon Aronjan? Der
       Armenier schlug zuletzt selbst Weltmeister Wladimir Kramnik mit 4:2 im
       Schnellschach. 
       
       Viswanathan Anand: Aronjan ist natürlich sehr stark. Aus gutem Grund hat er
       sich auch für die WM in Mexiko qualifiziert. Exweltmeister Rustam
       Kasimdschanow halte ich im Schnellschach ebenfalls für gefährlich. Den
       Franzosen Etienne Bacrot muss ich vor allem im Chess960 [Anm. d. Red.: Bei
       dieser Schachart wird die Grundstellung der Figuren vor jeder Partie unter
       960 Möglichkeiten ausgelost] beachten. Es dürfte daher harte wie
       interessante Turniere geben.
       
       Mit 37 Jahren sind Sie zusammen mit dem Israeli Boris Gelfand der älteste
       Spieler bei der WM in Mexiko. Ist das Ihre letzte Chance auf den Titel? 
       
       Mit derlei Gedanken möchte ich mich nicht selbst unter Druck setzen. Mexiko
       bietet mir eine günstige Gelegenheit auf den Titel. Ich mag das Land, vom
       Lebensstil erinnert es mich an Indien. Ich freue mich auf die WM. Das Alter
       spielt keine zu große Rolle.
       
       Wen haben Sie noch mit auf der Rechnung im Kampf um den Titel? Weltmeister
       Kramnik überzeugte zuletzt wieder und rückte in der Weltrangliste auf Platz
       zwei vor. 
       
       Bei solch einem starken Turnier kann man sich nicht auf einen Gegner
       konzentrieren. Keiner wird dominieren. Kramnik halte ich für leicht
       favorisiert.
       
       Rechnen Sie mit einer schmutzigen WM? Vor kurzem sorgte Wesselin Topalow
       mit der Toiletten-Affäre für Aufsehen. Davor hielten sich lange Gerüchte,
       der Bulgare hätte bei seinem WM-Sieg mit Computer-Hilfe betrogen. 
       
       Es ist schwierig, Beweise auf den Tisch zu legen. Prinzipiell begrüße ich
       alle Maßnahmen wie verzögerte Internet-Übertragungen der Partien, die
       Betrug erschweren. Der Mehrzahl meiner Kollegen vertraue ich.
       
       Halten Sie es für richtig, dass Topalow als Verlierer der
       WM-Titelvereinigung nicht mitspielen darf? 
       
       Man kann nicht für jeden Ausnahmeregelungen machen. Außerdem: Kramnik und
       Topalow erhalten jeweils zweite Chancen auf den Titel, weshalb die
       Regularien für sie keineswegs nachteilig ausfallen.
       
       Klingt das nicht unfair gegenüber den anderen WM-Qualifikanten? Kramnik
       bekommt einen weiteren WM-Zweikampf, sollte er in Mexiko nicht gewinnen -
       und danach greifen Topalow und der Weltcup-Sieger in Zweikämpfen ein. 
       
       Das ist natürlich unfair. Ich habe es aber aufgegeben, mich über den
       Schach-Weltverband Fide aufzuregen. Die machen das immer so. Es wäre schön,
       wenn sie nicht ständig ihre eigenen Regeln über den Haufen werfen würden.
       Irgendwann ist man dessen überdrüssig und beschließt, nur noch Schach zu
       spielen. Genau so halte ich es jetzt.
       
       Manager Silvio Danailow macht Druck, um so einiges für seinen Schützling
       Topalow herauszuschlagen. Ärgert Sie das? 
       
       Ich habe mich eben damit abgefunden, dass die Fide andauernd ihre Regeln
       ändert und bricht. Dann bekommt eben Kramnik sein Match, danach erhält
       Topalow seines. Ich schaue nach vorne, auf Mexiko. Es macht keinen Sinn,
       gegen das Unmögliche anzukämpfen. Der Weltverband macht ohnehin, was er
       will.
       
       14 Aug 2007
       
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