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       # taz.de -- PR-Affäre um Glos: Anzeigen gegen schön plazierte Artikel
       
       > Wenn ihr über Glos berichtet, schalten wir eine Anzeige, das soll die
       > PR-Agentur Flaskamp dem "Kölner Stadt-Anzeiger" angeboten haben.
       > Auftraggeber: das Wirtschaftsministerium.
       
   IMG Bild: Presse frei Haus: Glos einer Pressekonferenz zur Mittelstandsinitiative im vergangenen Jahr.
       
       Wegen einer zweifelhaften PR-Kampagne ist das Bundeswirtschaftsministerium
       von Michael Glos (CSU) in die Kritik geraten. Eine Werbeagentur, die für
       das Ministerium tätig ist, soll Zeitungen für die Berichterstattung
       bezahlte Anzeigen angeboten haben. Dabei ging es um eine Kampagne zur
       Stärkung mittelständischer Betriebe.
       
       Nachdem der Kölner Stadt-Anzeiger am Samstag darüber berichtet hatte,
       äußerte sich am Sonntag auch Holger Lunau, der Sprecher der Berliner
       Industrie- und Handelskammer, die an einer Veranstaltung in Berlin
       mitwirken sollte. In Berlin sei man "nach der gleichen Methode"
       vorgegangen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
       
       Der Kölner Stadt-Anzeiger hatte geschrieben, die vom Wirtschaftsministerium
       mit der Kampagne "Dialogtour - Impulse für Wachstum" betreute Werbeagentur
       Flaskamp habe der Anzeigenabteilung des Blattes die Schaltung von Werbung
       in Höhe von 30.000 bis 40.000 Euro in Aussicht gestellt. Als Gegenleistung
       sei die Redaktion dazu aufgefordert worden, die "Dialogtour" des
       Ministeriums in Köln redaktionell zu begleiten.
       
       Die Agentur habe genaue Vorschläge zur redaktionellen Aufbereitung
       unterbreitet, sagte Markus Decker, der Parlamentskorrespondent des Kölner
       Stadt-Anzeigers, der taz. Diese Vorschläge seien als "Bedingung" für die
       Anzeigenschaltung zu begreifen gewesen. Das Angebot habe so ausgesehen: Der
       Chefredakteur oder der Leiter des Wirtschaftsressorts moderiert die
       Veranstaltung; die Zeitung berichtet exklusiv vorab und hinterher darüber;
       man führt eine Telefonaktion mit Experten des Ministeriums durch, die
       ebenfalls in der Zeitung thematisiert wird. IHK-Sprecher Lunau sagte, dass
       auch in Berlin nur eine Zeitung als Kooperationspartner die "Dialogtour"
       begleiten sollte. Die IHK habe die "Finanzierung für "dubios" befunden und
       "sich geweigert, nur mit einer Zeitung zusammenzuarbeiten".
       
       Jan Flaskamp, Teilhaber der mit der Kampagne beauftragten Werbeagentur,
       räumte gegenüber dpa ein, dass man zwei getrennte PR-Instrumente verknüpft
       habe. In einem Gespräch mit einem Verlagsmitarbeiter des Kölner
       Stadt-Anzeigers seien sowohl die redaktionelle Berichterstattung als auch
       die Anzeigen angesprochen worden. Da sei "ein Fehler passiert", der aber
       nicht mit dem Auftraggeber "abgestimmt" gewesen sei.
       
       Die Aussagen von IHK-Sprecher Lunau sprechen jedoch dafür, dass es sich
       nicht um einen Einzelfall - und damit einen einmaligen Fehler - handelt.
       Vor diesem Hintergrund fällt die Berichterstattung der Märkischen
       Allgemeinen über eine Veranstaltung der "Dialogtour" am 11. Juli in Potsdam
       auf. Moderiert wurde diese Veranstaltung von Klaus Rost, dem Chefredakteur
       der Zeitung, und im Blatt gab es Vor- und Nachberichte. Peter Asmussen,
       Geschäftsführer der Zeitung, sagte der taz: Man habe die Chance nutzen
       wollen, das Thema exklusiv aufzugreifen. Aber: "Anzeigen waren in keiner
       Weise Teil eines Gesamtdeals." Es seien zwar von der Agentur Flaskamp
       Anzeigen geschaltet worden, dies sei aber erst nach der Veranstaltung
       geschehen. Und dass der Chefredakteur Veranstaltungen moderiere, an denen
       die Potsdamer IHK beteiligt ist, sei nicht unüblich.
       
       Durch die Berichte der Kölner Zeitung und der IHK Berlin gerät das
       Wirtschaftsministerium in die Kritik. Der Vorsitzende des Deutschen
       Journalisten-Verbands, Michael Konken, warf dem Ministerium vor, "Einfluss
       auf die Berichterstattung zu nehmen". Eine Sprecherin des Ministeriums
       sagte der taz: "Selbstverständlich darf es nicht sein, dass die
       Berichterstattung durch Anzeigenschaltung beeinflusst wird. Wir klären das
       auf und prüfen die Konsequenzen." Glos beteuerte in der BamS: "Von mir ist
       ein solches Vorgehen nicht gedeckt."
       
       13 Aug 2007
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Raab
       
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