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       # taz.de -- China: Milch für Milliarden
       
       > Milch ist das neue chinesische Trendgetränk. Inzwischen ist China der
       > drittgrößte Hersteller von Milchprodukten.
       
   IMG Bild: In der Ära Kohl stand man in China noch auf Sojamilch. Vorbei.
       
       PEKING taz Aus den Lautsprechern im Stall tönt das chinesische Volkslied
       "Wunderschönes Grasland, meine Heimat", ein paar Dutzend Kühe käuen
       behaglich vor sich hin. Hier, in der Nähe der Provinzhauptstadt Hohehot in
       der Inneren Mongolei, hat sich Niu Gensheng seinen Traum verwirklicht und
       eine "Asien-Australien-Modellfarm" gegründet. Auf seinen Weiden
       experimentiert der Geschäftsmann mit verschiedenen Grassorten, in den
       Ställen probiert er Pflege- und Futtermethoden aus, seine Holsteiner Kühe
       hat er aus Australien importiert.
       
       Niu hat eine Marktlücke entdeckt: Die Chinesen sind auf die Milch gekommen.
       Während früher nur die Bewohner des Nordens und Bevölkerungsgruppen wie die
       Uiguren Milchprodukte schätzten, hat man inzwischen in anderen Teilen des
       Landes Geschmack an Milch, Käse und Joghurt gefunden. Vor allem unter
       jüngeren Chinesen werden Milch und Milchprodukte immer beliebter. Milch
       mache die Haut schöner, halte die Zähne gesund und schütze die Haut vor
       Alterung, werben die Hersteller. "Ich habe einen Traum", sagte der
       chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao im April letzten Jahres, "jeden
       Chinesen, insbesondere unsere Kinder, mit einem halben Liter Milch am Tag
       zu versorgen." Schon heute wird an Grund- und Mittelschulen kostenlos Milch
       verteilt. Sollte sich der Traum des Ministerpräsidenten verwirklichen,
       würde bei gleich bleibender Produktionsmenge ein Drittel aller weltweit
       produzierten Milch nach China gehen.
       
       In den letzten sechs Jahren stieg der Verbrauch pro Kopf um 76 Prozent auf
       knapp 26 Kilogramm. Zwar entspricht dies nur einem Viertel des
       Weltdurchschnitts, ergibt bei einer Bevölkerung von über 1,3 Milliarden
       Menschen aber 38,8 Millionen Tonnen. Trotz Milchlieferanten wie Niu ist
       China darauf angewiesen, Milch und Milchpulver in großen Mengen zu
       importieren - allein im letzten Jahr wuchsen die Einfuhren um 25 Prozent,
       was erheblich zu der gestiegenen Nachfrage auf dem Weltmarkt beitrug.
       Zugleich ist China inzwischen nach den USA und Indien der drittgrößte
       Hersteller von Molkereiprodukten. Internationale Konzerne wie Danone oder
       Fonterra haben im Land investiert, Nestlé hat gerade seine 21. Molkerei
       eröffnet.
       
       Milchunternehmer Niu, dessen Vater schon in einer staatlichen Meierei
       beschäftigt war, nahm tausende Kleinbauern unter Vertrag, denen er Futter
       und Medikamente zum festgelegten Preis überließ. Mittlerweile darf er sich
       "offizieller Versorger" der chinesischen Taikonauten nennen, die vor drei
       Jahren erstmals die Erde umkreisten.
       
       31 Jul 2007
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jutta Lietsch
       
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