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       # taz.de -- Hochschule: Die Bildungsschicht bleibt unter sich
       
       > Eine neue Studie des Deutschen Studentenwerks zeigt: Von 100 Kindern aus
       > Familien ohne akademische Tradition besuchen nur 23 eine Hochschule.
       
   IMG Bild: die meisten von ihnen sind Kinder reicher Eltern
       
       BERLIN taz 40 Prozent ist die magische Zahl, die bei der Pressekonferenz
       zur "18. Erhebung zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Studierenden"
       beschworen wurde. So viele Schüler eines Jahrgangs nämlich sollen an den
       Universitäten ein Studium anfangen. Momentan liegt die Quote bei 37
       Prozent, Studierende, die aus anderen Ländern kommen, eingerechnet.
       
       Hinzu kommt: Tendenz fallend. Dies wird wohl erst mal so bleiben. Denn: Die
       Befunde der 18. Sozialerhebung zeigen, dass das deutsche Bildungssystem
       nach wie vor Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern benachteiligt und
       aussortiert. Von 100 Akademikerkindern beginnen 83 ein Studium, aber nur 23
       von 100 Kindern, die aus Familien ohne akademischen Hintergrund stammen,
       dringen bis an die Hochschulen vor. "Das Studium wird zur
       Selbstreproduktion der akademischen Bildungsschichten", sagt Rolf
       Dobischat, Präsident des deutschen Studentenwerks. Da aber dringend mehr
       Hochqualifizierte gebraucht würden, müssten unbedingt Studierende aus
       hochschulfernen und einkommensschwachen Elternhäusern gewonnen werden.
       Damit diese leichter an die Hochschulen finden und sich weniger Sorgen um
       ihre Finanzierung machen müssen, fordert Dobischat "ein starkes Bafög".
       
       Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, Andreas
       Storm (CDU), verkündete denn auch flugs die gute Nachricht: Die
       Einkommensgrenzen der Eltern werden angehoben, und schon 2008 könnte eine
       Bafög-Erhöhung kommen.
       
       Über eine Bafög-Anhebung wollte allerdings bereits die frühere
       Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) mehr Kinder aus Familien
       mit niedriger sozialer Herkunft für ein Studium gewinnen. Gelungen ist ihr
       das nicht. Schaut man sich die Zahlen genauer an, fällt auf: Die Zahl der
       Bafög-Empfänger ist zwar seit 2003 leicht - um 0,6 Prozent - gestiegen. Die
       Quote der Bafög-Empfänger mit niedriger sozialer Herkunft ist jedoch
       deutlich von 66 auf 60 Prozent zurückgegangen.
       
       Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch bei der sozialen Herkunft der
       Studierenden. So haben mittlerweile 58 Prozent der Studierenden Eltern mit
       Abitur oder Fachabitur. Eltern mit Hauptschulabschluss haben dagegen nur
       noch 14 Prozent der Studierenden - ihr Anteil ist damit seit 2003 noch mal
       um 2 Prozent gefallen. Der Anteil der Studierenden, die aus einer
       "niedrigen sozialen Herkunftsgruppe" stammen, ist gegenüber 2003 zwar um 1
       Prozent auf 13 Prozent gestiegen, allerdings dümpelt er schon seit fünfzehn
       Jahren um diesen Wert herum - nach einem rapiden Abfall in den 80er-Jahren.
       
       Eins zeigen diese Zahlen klar: Die Anhebung des Bafög allein reicht nicht
       aus, um mehr Kinder aus niedrigen sozialen Herkunftsgruppen für ein Studium
       zu gewinnen. Die Weichen zur Bildungsbenachteiligung, die sich an den
       Universitäten nur besonders krass zeigt, werden schon viel früher gestellt
       - nämlich an den Schulen, an denen nach wie vor Zehnjährige in
       unterschiedliche Schularten sortiert werden. Für diejenigen, die einmal auf
       der Hauptschule gelandet sind, ist ein Studium quasi unerreichbar.
       
       20 Jun 2007
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Nill
       
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