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       # taz.de -- Urabstimmung Frankreichs Sozialisten: Loyalitätstest bestanden
       
       > Die Parteibasis stärkt der angeschlagenen Regierung programmatisch den
       > Rücken. So ganz nach dem Motto: bloß keine interne Krise.
       
   IMG Bild: Bekommt Rückendeckung von der Parteibasis: Frankreichs Regierungschef Manuel Valls.
       
       PARIS taz | Bevor sich die Delegierten ders Parti Socialiste (PS) Anfang
       Juni in Poitiers zum 77. Parteikongress treffen, um ihre Führungsinstanzen
       zu wählen, mussten die Parteimitglieder in einer Urabstimmung Farbe
       bekennen. Sie hatten dabei die Wahl zwischen vier Programmentwürfen mit
       verschiedenen politischen Ausrichtungen und Schwerpunkten.
       
       Die von Parteichef Jean-Christophe Cambadélis vorgeschlagene „Version A“
       verkörpert die gegenwärtige Linie der Regierung von Premierminister Manuel
       Valls und damit auch den Kurs von Staatspräsident François Hollande. Das
       Ergebnis für diese Orientierung musste unweigerlich als Loyalitätstest für
       die sozialistische Staatsführung gewertet werden.
       
       Zusammen mit Cambadélis konnte nun auch Valls beim Auszählen der Stimmen am
       Freitag aufatmen. Mit 60 Prozent der Stimmen hat die Mehrheitslinie der
       Parteiführung die „Vertrauensabstimmung“ an der Basis gewonnen.
       
       Dieser Sieg stand im Voraus nicht fest. In den vergangenen Wochen und
       Monaten hatte insbesondere nach mehreren Wahlniederlagen die interne Kritik
       an Gewicht und Lautstärke zugenommen. Da zudem die Wirtschaftspolitik im
       Kampf gegen die Arbeitslosigkeit bislang kaum greifbare Ergebnisse
       gezeitigt hat, wuchsen auch unter Hollandes sozialistischen Parteikollegen
       Zweifel.
       
       ## Vertrauensschwund der Wähler
       
       Diese sind nun aber offenbar mehrheitlich der Ansicht, dass sie sich trotz
       ihrer Bedenken nach dem Vertrauensschwund ihrer Wähler nicht auch noch eine
       interne Krise leisten können. Das war wohl auch der Grund, weshalb die
       ehemalige Ministerin und Ex-Parteichefin Martine Aubry, die mehrfach die
       Regierungspolitik kritisiert hatte, zuletzt die Linie der Mehrheit
       unterstützte.
       
       Erleichtert meinte Parteichef Cambadélis zum vorläufigen
       Abstimmungsergebnis in der Tageszeitung Le Monde: „Das Votum beendet unsere
       (interne) Krise. Für die Erneuerung brauchen wir Stabilität, das wollten
       unsere Mitglieder zum Ausdruck bringen.“
       
       Er hat nun gute Aussichten, als Parteichef bestätigt zu werden. Er muss
       dazu am 28. Mai bei einer weiteren Abstimmung der Mitglieder gegen den
       Sprecher des linken Flügels, Christian Paul, antreten. Dessen Entwurf B
       erzielte mit voraussichtlich etwas weniger als 30 Prozent einen
       Achtungserfolg, konnte aber die Mehrheit nicht ernstlich gefährden.
       
       Zwei weitere Programmvorschläge blieben in der Minderheit. Mit 60 Prozent
       hat die Parteiführung von ihrer Basis indes keinen Blankoscheck erhalten.
       Christian Paul glaubt auch weiterhin, bei der Wahl des Parteichefs noch
       eine (kleine) Chance zu haben.
       
       22 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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