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       # taz.de -- „Blauer Engel“ für Geschirrspülmittel: Nachhaltiges Abwaschen
       
       > Verzichten Spülmittelhersteller auf Duftstoffe und Tenside, können sie in
       > Zukunft das Umweltzeichen „Der Blaue Engel“ erhalten.
       
   IMG Bild: Die Qual der Spülmittel-Wahl: Verbraucherin vor einem Supermarktregal mit Reinigungsmitteln.
       
       BERLIN taz | Viele feierten am vergangenen Sonntag Muttertag, wohl eher
       wenige den Tag des Nachhaltigen (Ab-)Waschens. Doch passend dazu wurde das
       Öko-Siegel Blauer Engel erstmals an ein Handgeschirrspülmittel vergeben.
       Die Drogeriekette dm darf das Produkt ihrer Eigenmarke Denkmit nun damit
       verzieren.
       
       Seit über 35 Jahren kennzeichnet der Blaue Engel Waren und
       Dienstleistungen, die umweltverträglicher sind als der gesetzlich
       festgelegte Mindeststandard. Die Kriterien für die einzelnen Produktgruppen
       entwickelt das Umweltbundesamt, eine Behörde des Bundesumweltministeriums.
       Nachdem die Anforderungen an eine Produktgruppe aufgestellt wurden, können
       sich die Hersteller bewerben.
       
       Entspricht ihr Produkt den Vorgaben, darf es den Blauen Engel tragen, bis
       die Kriterien aktualisiert werden. Mittlerweile sind rund 12.000 Produkte
       und Dienstleitungen von 1.500 Unternehmen in 120 verschiedenen Bereichen
       zertifiziert – von Schuhen über Tapeten bis hin zu Reinigungsprozessen. Und
       seit diesem Jahr können auch umweltverträgliche Handgeschirrspülmittel
       ausgezeichnet werden.
       
       Schuld an der Umweltbelastung durch herkömmliche Spülmittel sind vor allem
       Duftstoffe und Tenside, also Substanzen, die beim Lösen des Schmutzes
       helfen. Über den Abfluss gelangen sie in die Kanalisation und weiter ins
       Klärwerk, das allerdings nicht alle Stoffe abfängt. Für sensible
       Wasserlebewesen sind diese oft giftig. Aber auch für Menschen sind
       Spülmittel mitunter schädlich, denn Duftstoffe können allergische
       Reaktionen auslösen. Daher setzt der Blaue Engel für solche Substanzen
       niedrigere Grenzwerte fest oder verbietet sie. Tenside müssen außerdem zu
       mindestens 50 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden.
       
       ## Warum erst jetzt?
       
       Doch wenn Spülmittel so umweltschädlich sind, warum befasst sich das
       Umweltbundesamt erst jetzt mit ihnen? In der Behörde heißt es, man habe
       erst nach Gesprächen mit Unternehmen von deren Interesse am Blauen Engel
       erfahren. Zwar gab es bereits das EU-Ecolabel, doch sei das unter
       VerbraucherInnen nicht so bekannt. Manche bekannte Hersteller wollen
       trotzdem nicht mitmachen.
       
       Zum Beispiel die Firma Ecover, die ausschließlich mit umweltverträglichen
       Produkten wirbt: Die Entscheidung gegen den Blauen Engel sei eine interne
       strategische. Es seien andere Zertifikate geplant, heißt es.
       
       Auch Frosch, die erste Marke mit Ökoimage, hat kein Interesse. „Wir sind
       schon weiter. Wir brauchen kein Label, das sagt „Macht weniger!“.
       Stattdessen bezieht man sich auf den Cradle-to-Cradle-Ansatz, kurz C2C –
       auf Deutsch etwa: „von der Wiege bis zur Wiege“. Der Erfinder Michael
       Braungart zertifiziert in seinem Beratungsinstitut Produkte, die diesem
       Prinzip folgen. Die bestehende Produktion soll nicht auf die Grenzwerte hin
       eingeschränkt, sondern so umgedacht werden, dass sie einen geschlossenen
       Kreislauf bilden. Auf diese Weise sollen Giftstoffe nicht in die Natur
       gelangen. Die Frosch-Spülmittel sind zwar noch nicht C2C-zertifiziert,
       tragen aber das EU-Ecolabel.
       
       Das ist laut Umweltbundesamt allerdings weniger streng als der Blaue Engel.
       Magnus Wessel vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
       kritisiert das Verhalten vieler Unternehmen. „Anstatt die Produktion
       tatsächlich umzustellen, weichen sie lieber auf eigene Labels aus. Ein
       Großteil davon sind PR-Gags.“ Wer trotz des Siegel-Wirrwarrs
       umweltfreundlich abwaschen möchte, sollte zumindest eine Faustregel
       befolgen: „Die Dosis macht das Gift!“
       
       17 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Vincent Buss
       
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