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       # taz.de -- Kommentar Vorratsdatenspeicherung: Überwachung im Schnelldurchlauf
       
       > Die Regierung hat in Windeseile einen Gesetzentwurf vorgelegt, der ebenso
       > schnell durchs Parlament soll. Bei solcher Eile leidet die Sorgfalt.
       
   IMG Bild: Beschleunigte Bewegung ist nicht immer zielführend.
       
       Die Bundesregierung beweist gerade ein ganz besonderes Feingefühl für
       Timing: Ziemlich genau zwei Jahre nach den ersten Enthüllungen Edward
       Snowdens will sie einen [1][Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung
       durchs Parlament bringen], noch vor der Sommerpause. Zum Jahrestag der
       Überwachungsdebatte gibt es also – noch etwas mehr Überwachung.
       
       Bereits die Eile sollte misstrauisch machen. Nicht nur weil es um die
       permanente und anlasslose Überwachung und Speicherung der
       Kommunikationsdaten von 80 Millionen Menschen geht. Sondern weil Eile in
       der Regel eines verhindert: Sorgfalt. Doch genau diese wäre in einem
       Gesetzgebungsverfahren nötig. Etwa um zu verhindern, dass unbedachte
       Formulierungen ungeahnte Auswirkungen haben, wie erst kürzlich beim Entwurf
       zum Mautgesetz.
       
       Und um Abgeordneten, Verbänden und Öffentlichkeit Zeit zu geben, das Gesetz
       zu lesen. Zu verstehen. Und auch die kleinen Fallen zu finden, die die
       Autoren zwischen Funkzellenabfrage, Speicherfristen und Datenverwendung
       versteckt haben.
       
       Ein Beispiel? Es soll einen neuen Straftatbestand „Datenhehlerei“ geben,
       der prinzipiell dazu geeignet wäre, Whistleblower in Unternehmen sowie
       deren Unterstützer zu kriminalisieren. Auch das eine schöne Hommage an den
       Jahrestag, aber vielleicht fällt sie ja nur in die Kategorie „Gar nicht so
       gemeint“.
       
       ## Kaum praktischer Nutzen
       
       Sich Zeit zu nehmen wäre auch in einem anderen Punkt hilfreich: Denn ob das
       Vorhaben überhaupt verfassungsgemäß ist, ist nicht so eindeutig, wie es die
       zuständigen Ministerien gern darstellen. Das Bundesverfassungsgericht hatte
       die Vorratsdatenspeicherung, wenn auch in deutlich umfassenderer Form,
       schließlich schon einmal gekippt.
       
       Weiter ging der [2][Europäische Gerichtshof, der im vergangenen Jahr die
       entsprechende EU-Richtlinie verwarf]. Und dass es keinen Beweis für
       bahnbrechende Ermittlungserfolge durch die Überwachungsmaßnahme gibt, ja
       eher Belege dafür, dass Strafverfolger trotz Vorratsdatenspeicherung im
       Dunkeln tappten, scheint auch noch nicht bei jedem Abgeordneten angekommen
       zu sein.
       
       Genug Gründe also, sich in Ruhe mit den Plänen auseinanderzusetzen. Und sie
       lieber einmal mehr gegen die Einschränkung der Grundrechte abzuwägen. Denn
       diese Einschränkung ist das Einzige, was eine Vorratsdatenspeicherung in
       jedem Fall bringt.
       
       17 May 2015
       
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