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       # taz.de -- Kohleabgabe abgeschwächt: Ein Herz für Klimakiller
       
       > Wirtschaftsminister Gabriel gibt dem Druck von Konzernen und
       > Gewerkschaften nach: Alte Kohlekraftwerke werden geschont.
       
   IMG Bild: Würde von der Abschwächung profitieren: Das RWE-Kohlekraftwerk Niederaußem, das in den 60er-Jahren ans Netz ging
       
       BERLIN taz | Die Horrorszenarien der Stromkonzerne RWE und Vattenfall sowie
       der Energiegewerkschaft IG BCE zeigen offenbar Wirkung: Das von SPD-Chef
       Sigmar Gabriel geführte Wirtschaftsministerium will die geplante
       Sonderabgabe für ältere Kohlekraftwerke deutlich abschwächen. Bisher war
       geplant, dass durch die Abgabe bis zum Jahr 2020 im Kraftwerkssektor
       zusätzlich 22 Millionen Tonnen des klimaschädlichen CO2 eingespart werden
       sollen.
       
       Ein neues Papier, das vom Freiburger Öko-Institut für das
       Wirtschaftsministerium erarbeitet wurde und das der taz vorliegt, geht nun
       nur noch von einer Absenkung von 16 Millionen Tonnen aus. Besser gestellt
       werden sollen demnach vor allem Kohlekraftwerke, die mehr als 40 Jahre in
       Betrieb sind: Für sie wird die CO2-Menge, die ausgestoßen werden darf, ohne
       dass die geplante Sonderabgabe fällig wird, um fast ein Drittel angehoben.
       Zudem stellt das Papier Sonderregelungen und Härtefallregelungen für
       einzelne Braunkohlekraftwerke mit erschwerten wirtschaftlichen Bedingungen
       in Aussicht.
       
       Verändert wird auch die Höhe der geplanten Abgabe, die die Kraftwerke
       künftig für jede Tonne CO2 oberhalb ihrer altersabhängigen Freigrenzen
       bezahlen müssen: War bisher von 18 bis 20 Euro pro Tonne die Rede, kann die
       Abgabe nun auch deutlich geringer ausfallen. Je nach Entwicklung des
       Börsenstrompreises und des europäischen Emissionshandels kann er auf 0 Euro
       sinken. In den meisten werde die gewünschte CO2-Einsparung dennoch
       realisiert, heißt es im Papier. In bestimmten Konstellationen bestehe
       allerdings das „Risiko, dass […] die 16 Mio. t CO2 nicht ganz erreicht
       werden“.
       
       Gabriels Sprecher Tobias Dünow wollte das Papier mit Verweis auf laufende
       Gespräche nicht kommentieren. Er betonte aber, dass es dabei bleibe, dass
       der Kraftwerkssektor insgesamt 22 Millionen Tonnen CO2 einsparen müsse.
       Denkbar ist, dass im Gegenzug zur Aufweichung der Klimaabgabe die Förderung
       der Kraft-Wärme-Kopplung gesteigert wird. Bei diesen Kraftwerken, die Strom
       und Wärme zugleich erzeugen und dadurch besonders effizient sind, hatte die
       Regierung ihr Ausbauziel kürzlich zurückgenommen.
       
       ## "Reie Klientelpolitik"
       
       Scharfe Kritik an den neuen Plänen kam vom stellvertretenden Vorsitzenden
       der Grünen-Bundestagsfraktion, Oliver Krischer. „Die Klimaschutzabgabe und
       die Einsparung von 22 Millionen Tonnen CO2 sind der absolute Minimalbeitrag
       der Energiewirtschaft zum Erreichen des Klimaschutzziels“, sagte er.
       „Wendet sich Gabriel nun davon ab, untergräbt er seinen eigenen
       Klimaschutzplan.“ Für die Klimaexpertin des BUND, Tina Löffelsend, wäre
       eine Abschwächung der Pläne „reine Klientelpolitik für RWE und Vattenfall“.
       
       Die Kohleabgabe hatte Gabriel vorgeschlagen, damit Deutschland sein
       Klimaziel erreicht, den Ausstoß der Treibhausgase bis 2020 im Vergleich zu
       1990 um 40 Prozent zu verringern. Während es aus den Braunkohle-Revieren
       Proteste dagegen gab, unterstützen viele Stadtwerke das Vorhaben, weil es
       die Wettbewerbsfähigkeit moderner Gaskraftwerke erhöht, die derzeit von der
       billigen Braunkohle aus dem Markt gedrängt werden.
       
       18 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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