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       # taz.de -- Petersberger Klimadialog: Kohle auf den Tisch!
       
       > Deutschland will seine Ausgaben zum Klimaschutz verdoppeln. Doch daheim
       > vermeidet Angela Merkel Hilfe im Kampf gegen die Kohle.
       
   IMG Bild: Städteverwirrung galore: Klimaaktivisten protestieren in Berlin – mit einem Eiffelturm als Windrad
       
       BERLIN taz | Draußen vor dem Brandenburger Tor machten die Aktivisten von
       Campact und Greenpeace Druck: Ein Kohlekraftwerk aus Pappe rauchte
       kurzfristig, ein Eiffelturm als Windrad sollte die Alternative sein, die
       Forderung war klar: weg von der Kohle, hin zu den Erneuerbaren. Und dabei
       sollte Merkel ihren Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel unterstützen, der
       momentan mit der Kohleindustrie und den Gewerkschaften um eine Klimaabgabe
       für die Braunkohle kämpft.
       
       Merkel kam zum „Petersberger Klimadialog“, einem informellen Treffen von 36
       Ministern zur Vorbereitung der UN-Klimakonferenz in Paris. Sie streifte das
       Thema fossile Brennstoffe nur am Rande und legte dafür die Kohle auf den
       Tisch: „Wir werden unsere internationale Klimafinanzierung zwischen 2014
       und 2020 verdoppeln“, sagte die Bundeskanzlerin zu. Von etwa 2 Milliarden
       Euro an Hilfen für Entwicklungsländer – also etwa für Deichbauten,
       Waldschutz, Ausbildung von Bauern oder Hilfen bei erneuerbaren Energien –
       soll der Betrag bis auf 4 Milliarden steigen.
       
       Diese Steigerung ist selbst im undurchdringlichen Dschungel der
       internationalen Finanzen zum Klimaschutz ein neuer Schritt, wie auch der
       Finanzexperte der Hilfsorganisation Oxfam, Jan Kowalski, der taz
       bestätigte: Das sei frisches Geld und „sehr zu begrüßen“.
       
       Denn dass auch Geld auf den Tisch muss, hatte neben Merkel auch der
       französische Staatspräsident François Hollande klargemacht. Er hatte die
       Minister gebeten, auf jeden Fall mit einem fertigen Text zur
       UN-Klimakonferenz nach Paris zu kommen und das geplante Klimaabkommen nicht
       in letzter Minute auszuhandeln: „Ein dramatisches Finale ist gut, endet
       aber manchmal im Drama“, so Hollande.
       
       ## Zu wenig Geld für ärmere Länder
       
       Neben einem umfassenden Klimavertrag in Paris, der den Entwicklungsländern
       eine faire Perspektive für eine Entwicklung ohne Kohle und Öl geben müsse,
       forderte er eine „Agenda der Lösungen“ und eben eine solide Finanzierung.
       Bislang hat die Weltbank festgestellt, dass von den versprochenen 100
       Milliarden Dollar, die ab 2020 jährlich aus öffentlichen und privaten
       Geldern zum Klimaschutz in die armen Länder fließen sollen, erst 30 Prozent
       gesichert sind.
       
       Merkel und Hollande betonten die deutsch-französische Partnerschaft auf dem
       Weg nach Paris. Auch bei den Finanzen waren sie sich einig: Beide
       erklärten, sie strebten einen „weltweiten Preis für Kohlenstoff“ an. Das
       liefe auf eine Verbindung des EU-Emissionshandels mit anderen Teilen der
       Welt hinaus.
       
       Merkel machte wiederholt klar, dass „Schutz des Klimas und Wohlergehen des
       Einzelnen“ nicht im Widerspruch stünden. Sie zitierte Wirtschaftsexperten,
       die von grünen Investments große Wachstumsschübe erwarten. In ihrer Rede
       äußerte sie sich mit keinem Wort zur deutschen Debatte über die Kohle.
       
       In der Pressekonferenz danach konnte Merkel der Frage nach Unterstützung
       für Gabriels Pläne nicht mehr ausweichen – blieb aber vage. Zur Klimaabgabe
       für alte Kohlekraftwerke sagte die Kanzlerin nur: „Dieses Instrument ist
       eine Möglichkeit“; diese werde „zurzeit vom Wirtschaftsminister
       diskutiert“.
       
       19 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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