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       # taz.de -- Rohstoffe aus Konfliktgebieten: Lobby-Schlacht um Blutmineralien
       
       > Das EU-Parlament fordert Kontrollen und Herkunftsnachweis für Rohstoffe –
       > doch Konzerne kämpfen hinter den Kulissen weiter massiv dagegen an.
       
   IMG Bild: Trichtförmige Goldmine im Kongo.
       
       BRÜSSEL/STRASSBURG taz | Importeure von Mineralien sollen verpflichtet
       werden, die Herkunft ihrer Stoffe nachzuweisen. Das hat das Europaparlament
       am Mittwoch in Straßburg beschlossen. Computer und Smartphones werden oft
       mit Rohstoffen aus Konfliktgebieten wie Kongo oder Ruanda hergestellt.
       
       Hersteller und Verbraucher haben meist keine Ahnung, welche schmutzigen
       Geschäfte dahinter stecken. Das soll sich mit der neuen Regelung ändern.
       
       Umstritten war bis zuletzt, ob die Nachweise verpflichtend oder freiwillig
       sein sollten. Durchgesetzt hat sich am Ende eine Mehrheit für eine
       Kennzeichnungspflicht. Vor allem grüne und sozialdemokratische Abgeordnete
       hatten sich dafür eingesetzt. Konservative und Liberale waren dagegen; so
       auch EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.
       
       Dem vorausgegangen waren heftige Debatten im Parlament und eine
       ungewöhnliche Lobby-Schlacht. Konzerne wie Ericsson, Intel oder Citroën
       hatten versucht, eine Berichtspflicht zu verhindern. Hinter der Kampagne
       standen offenbar auch amerikanische Lobbyisten, die über diesen Umweg
       versuchen wollten, entsprechende US-Regeln mit Verweis auf die schwächere
       Kontrolle in der EU aufzuweichen.
       
       Im Gegenzug warnten 150 Nichtregierungsorganisationen in einem offenen
       Brief an das Europaparlament vor zu laxen Regeln. Die EU dürfe nicht hinter
       die scharfen US-Gesetze und die Bemühungen afrikanischer Staaten
       zurückfallen, forderte etwa Amnesty International.
       
       ## Bewaffnete Konflikte
       
       Die EU ist weltweit einer der größten Märkte für Zinn, Tantal, Wolfram und
       Gold – sogenannte Konflikt- oder Blutmineralien. Sie tragen diese
       Bezeichnung, weil sie in Afrika und anderen Gebieten, in denen sie oft
       illegal abgebaut werden, Ursache von bewaffneten Konflikten sind. Die
       EU-Regeln sind auch für die USA wichtig, da beide Blöcke über ein
       gemeinsames Freihandelsabkommen (TTIP) verhandeln.
       
       Die handelspolitische Sprecherin der Grünen, Ska Keller, begrüßte den
       Beschluss: „Mit diesen Regeln kann die EU die Finanzierung von Gewalt und
       Waffen durch Konfliktmineralien überall auf der Welt eindämmen.“ Dagegen
       kritisierte Daniel Caspary (CDU) die Regelung als zu komplex; sie könne die
       Existenz kleiner Rohstoffminen gefährden.
       
       Damit die neuen Regeln wirksam werden, müssen allerdings noch alle 28
       EU-Staaten zustimmen. Angesichts der massiven Lobby-Kampagne ist dies alles
       andere als sicher.
       
       20 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
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