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       # taz.de -- Smogfrei dank Klimaschutz: Peking in Farbe
       
       > Endlich richtig atmen! Die chinesische Hauptstadt erlebt den saubersten
       > Frühling seit vielen Jahren. Kein Wunder: Chinas Kohleverbrauch sinkt.
       
   IMG Bild: Zur Abwechslung mal blauer Himmel statt grauem Smogschleier
       
       PEKING taz | Die Bäume blühen in frischem Grün, Vögel zwitschern, die
       Straßencafés sind voll. Selbst Jogger sind in diesen Tagen auf Pekings
       Straßen zu sehen. Und während noch vor einem Jahr dichter Smog die
       Wolkenkratzer der chinesischen Hauptstadt verhüllten, sind derzeit sogar
       die rund 50 Kilometer entfernten Westberge vom Stadtzentrum aus zu
       erkennen. Der Pekinger Himmel zeigt sich schon seit Wochen in strahlendem
       Blau.
       
       Was viele Pekinger vermutet haben, wird nun mit Zahlen belegt. Chinas
       Ausstoß von Treibhausgasen laut Greenpeace in den ersten drei Monaten 2015
       im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5 Prozent gefallen. Der
       Kohleverbrauch sank sogar um mehr als 6 Prozent. Die unabhängige
       Umweltschutzorganisation hat die Werte aus offiziellen Daten der
       chinesischen Behörden abgeleitet. „Sollte dieser Trend anhalten, wird China
       sehr viel schneller seine selbstgesteckten Ziele erreichen“, glaubt Li Yan,
       Klimaschutzexpertin von Greenpeace Ostasien.
       
       Die chinesische Kohleindustrie gilt als größter Verursacher
       klimaschädlicher Treibhausgase der Welt. Sie ist zugleich verantwortlich
       für den gefährlichen Smog, der sich seit Jahren über weite Teile Chinas
       legt. Rund zwei Drittel der chinesischen Energie wird aus Kohle gewonnen.
       
       Doch das soll sich rasch ändern. Der chinesische Premierminister Li Keqiang
       hat seit seiner Amtsübernahme vor zwei Jahren mehrfach versprochen, den
       Umwelt- und Klimaschutz in den Mittelpunkt seiner Politik zu stellen. Die
       staatlichen Versorger sind seitdem verpflichtet, massiv in den Ausbau
       erneuerbarer Energien zu investieren.
       
       ## Solar- und Windenergie boomen in China
       
       Die Zahlen können sich sehen lassen. Hatten die Chinesen viele Jahre lang
       Solarzellen vor allem für den Rest der Welt hergestellt, verkaufen die
       Firmen diese nun in großen Mengen an die eigenen Landsleute. So haben die
       Unternehmen 2014 mit rund 12 Gigawatt dreimal so viele neue Solaranlagen
       errichtet wie im Jahr zuvor. Der Ausbau der Windenergie geht sogar in noch
       größeren Schritten voran: Mit 18 zusätzlich installierten Gigawatt im
       vergangenen Jahr kommt China auf insgesamt 115 Gigawatt Windkapazität –
       mehr Leistung als alle US-Atomkraftwerke zusammen.
       
       Zugleich müssen besonders schmutzige Fabriken weichen. Allein in der
       Provinz Hebei um Peking mussten in den vergangenen zwei Jahren mehr als
       8.000 Fabriken ihre Pforten schließen, in Peking waren es rund 500.
       Kritiker monieren, diese Maßnahmen dienten vor allem dazu, die Hauptstadt
       vom Smog zu befreien. In anderen Gegenden würden hingegen neue Fabriken und
       Kraftwerke errichtet, das Smog-Problem werde nur verlagert.
       
       Greenpeace-Klimaschutzexpertin Li Yan widerspricht: Die neuen Kraftwerke
       seien sehr viel effizienter. Auch die Industrie verändere sich: Nicht mehr
       energieintensive Schwerindustrie würde in den Provinzen geschaffen, sondern
       viel sauberere Produktionsstätten im Elektronik- und Chemiesektor.
       
       Schon gehen Umweltschützer davon aus, dass Chinas Fortschritte auch
       Auswirkungen auf die Verhandlungen beim UN-Klimagipfel Ende des Jahres in
       Paris haben werden. Noch in diesem Monat will die chinesische Führung ihren
       nationalen Plan zum Klimaschutz einreichen. „Ich bin zuversichtlich, dass
       eine klare Wende weg von fossilen Brennstoffen, hin zu Erneuerbaren fester
       Bestandteil dieses Plans sein wird“, sagt Wu Changhua von der
       internationalen Climate Group in Peking. In Paris werde China womöglich
       nicht mehr als Sündenbock in der Ecke sitzen, sondern zu den treibenden
       Kräften gehören.
       
       21 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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