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       # taz.de -- Die Wahrheit: Güter auf den Gehweg
       
       > Bei so vielen Streiks braucht es neue Lösungen für die Logistik: Jetzt
       > müssen Flüchtlinge ran! Die CSU hat bereits Pläne.
       
       Die Arbeitsgruppe „Pro Flüchtlingsnutzung“ der CSU hat einen Vorschlag
       erarbeitet, der schnellstmöglich als Gesetzentwurf in den Bundestag
       eingebracht werden soll. Auf einer Pressekonferenz in München hat am
       Donnerstag Hans Pfundeisen, der Gruppensprecher und Landrat von Auting, den
       Kerngedanken des Papiers auf den Punkt gebracht:
       
       „Da man leider nicht alle Flüchtlinge zurückschicken kann, sollen sich die
       hiergebliebenen wenigstens nützlich machen. Und wir übertragen den
       Asylbewerbern eine Aufgabe, die ohnehin auf der Agenda steht: die
       Verlagerung des Güterverkehrs auf die Fußwege. Das schwere Schleppen von
       Gegenständen unter Zeitdruck sind diese Menschen ja schon von ihrer Flucht
       gewohnt – warum also nicht mal einen T-Träger, einen Windradflügel oder
       eine Fischfilet-Wassereinspritzanlage in die Hand nehmen? Das entlastet
       erstens die Straßen – Stichwort ,Freie Fahrt für freie Bürger‘ –, zweitens
       werden wir unabhängig von Bahnstreiks und drittens leisten die Fußwege
       endlich mal einen Beitrag zur wirtschaftlichen Wertschöpfung. Zudem sind
       die CO2-Werte so exzellent, dass die Bahn keine Zertifikate mehr kaufen
       muss. Ganz nebenbei: Durch die vielen sperrigen Gegenstände werden auch
       endlich die Kampfradler in den Fußgängerzonen ausgebremst. Ach ja,
       natürlich sollen auch deutsche Langzeitarbeitslose an dem Programm
       teilnehmen.“
       
       Das Konzept ist europaweit angelegt und sieht nach den Plänen der
       Christlich Sozialen Union ganz bewusst auch die Nutzung bekannter
       Pilgerwege vor. „Warum“, so Pfundeisen „sollen nicht auch spanische
       Apfelsinen über den Jakobsweg getragen werden? Oder ausrangierte
       Smartphones und Spielekonsolenschrott über den Pfad der heiligen
       Chantalle?“
       
       Lieferungen über die Grenzen des Schengenraums hinweg sollen wegen eines
       erwünschten Nebeneffekts bevorzugt behandelt werden: Ein Großteil der
       Asylbewerber wird von den EU-Grenzschützern der Frontex an der Rückreise
       gehindert. Innerhalb Europas dagegen geraten die fleißigen Träger weder aus
       den Augen noch aus dem Sinn – dafür sorgen implantierte Tracking-Chips, die
       die logistische Planbarkeit sicherstellen.
       
       ## Upgrade für Premiumkunden
       
       Es ist sogar angedacht, dass Flüchtlinge große Teile des Personenverkehrs
       mit Fernsänften übernehmen – die Routen Berlin–Hamburg, Köln–Dortmund und
       München–Frankfurt sind bereits in der konkreten Planung. Die
       Gruppensänften, so die Pläne, werden vor allem von marathonerfahrenen
       Äthiopiern getragen, die dann alle 42,195 Kilometer an Wechselstationen
       gegen frische Träger ausgetauscht werden.
       
       Premiumkunden haben aber auch die Möglichkeit, per Upgrade komfortabel
       huckepack auf einem persönlichen Express-Syrer zu reisen. Genau an diesem
       Punkt zeigt sich, dass die Arbeitsgenehmigungen zielgenau nach persönlicher
       Qualifikation erfolgen, denn kleine, stämmige Asylbewerber werden für diese
       Aufgabe bevorzugt eingesetzt.
       
       Ein weiteres Beispiel: Ägyptern werden keine Frischtransporte mit
       Schlachtwaren anvertraut, denn ihre Stärken liegen kulturell bedingt eher
       im Mumien- beziehungsweise Trockenfleischbereich. Dagegen obliegt der
       Security-Service für wertvolle Transporte vor allem den bestens
       ausgebildeten Kindersoldaten aus Somalia, die es locker mit russischen
       Nachtwölfen aufnehmen können.
       
       Die Arbeitsgruppe sieht sogar die Möglichkeit, ein Lieblingsprojekt der CSU
       weiter voranzutreiben, und schlägt vor, die Maut nun auch auf Fußwegen zu
       erheben. Es ergäben sich „interessante Einnahmemöglichkeiten, die auch die
       Fantasie der Anleger beflügeln dürften.“
       
       Hans Pfundeisen legt Wert auf die Feststellung, dass die Maut garantiert
       keinen Falschen treffen wird: „Sollte ein BMW-X7-Fahrer mal einen
       Innenstadt-Stau auf dem Fußweg umfahren, wird er von den Mautbrücken
       selbstverständlich nicht erfasst. Der fährt ja so sportlich-dynamisch, dass
       er den Weg eh nicht lange blockiert.“
       
       Aufgrund der breiten parlamentarischen Zustimmung zur Vorlage denkt die
       CSU-Arbeitsgruppe bereits über eine Ausweitung des Konzepts nach, was ihren
       Sprecher Pfundeisen regelrecht ins Schwärmen bringt: „Terroristen könnten
       durchaus zum Tragen von Castor-Behältern verurteilt werden. Oder wenn ein
       jugendlicher Schläger renitente Rentnerinnen zur Pediküre tragen muss, ist
       das auch Strafe genug.“
       
       Dass diese Pläne unter dem Arbeitstitel „Pack packt an“ verfolgt werden,
       ist, so Pfundeisen, natürlich eine üble Verleumdung der linken Kampfpresse,
       die mal wieder die besten Ideen der CSU lächerlich machen will. Und er hat
       die größten Schmierfinken auch schon genau im Blick: „Ich sage nur taz …“
       
       22 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Czech
   DIR Andreas Schmidtmann
       
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