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       # taz.de -- Kirchenasyl in Deutschland: Flüchtlingsamt geht ins Konzil
       
       > Ein Deal zwischen Christen und Behörden sollte die Zahl der Kirchenasyle
       > senken. Weil es an der Umsetzung hapert, setzen die Beteiligten neue
       > Gespräche an.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge 2013 im Kirchenasyl in der St.-Pauli-Kirche in Hamburg
       
       STUTTGART taz | Die Kirchen und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
       (BAMF) wollen ihre Zusammenarbeit beim Thema Kirchenasyl konkretisieren.
       Dazu treffen sich am 8. Juni Vertreter beider Seiten in Nürnberg, wie die
       Evangelische Kirche Deutschland und die Deutsche Bischofskonferenz auf
       Nachfrage bestätigten. Weitere Angaben wollten die Behörde und die
       Kirchenspitzen nicht machen. Hintergrund ist der Streit aus dem Winter, der
       sich um die hohe Zahl an Kirchenasylen drehte. Von der Basis kommt indes
       Kritik an der Umsetzung einer [1][Vereinbarung aus dem Februar].
       
       Damals hatten sich die Kirchen bereit erklärt, dem BAMF künftig Personen zu
       melden, die für ein Kirchenasyl infrage kommen. Die Behörde wollte deren
       Fälle daraufhin nochmals auf ein mögliches Aufenthaltsrecht hin überprüfen
       – um so die Zahl der Kirchenasyle zu senken. Im Herbst sollte das Verfahren
       bewertet werden.
       
       Dieter Müller vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Bayern bezeichnet die
       Vereinbarung vom Februar als „sehr unklar formuliert“. Er sagt: „Wir wissen
       nicht, welche Kriterien ausschlaggebend für die Anerkennung eines
       Härtefalls sind.“ Allerdings sieht Müller vor allem das Bemühen der
       Kirchenleitung, die Zahl der Kirchenasyle zu begrenzen. Einzelne Bistümer
       wie Augsburg versuchten ihre Gemeinden stärker zu kontrollieren und
       forderten sie auf, Fälle für Kirchenasyl „sorgfältiger auszuwählen“.
       
       Veränderungen kommen zudem nur langsam in Gang: Bei der Evangelischen
       Kirche in Hessen und Nassau beginnen die fünf neu eingesetzten
       Ansprechpersonen nun erst damit, Dossiers über die Flüchtlinge in den mehr
       als zehn Kirchenasylen zu erstellen. Darin sollen die Gemeinden dem BAMF
       unter anderem erklären, warum sie bestimmten Personen Schutz gewähren.
       
       ## Aufschiebende Wirkung
       
       Für Verärgerung bei den Kirchen hat zudem eine E-Mail der Behörde gesorgt.
       Darin steht, dass die Einreichung der Dossiers „keine aufschiebende Wirkung
       für die Verfahren hat“. Und weiter: „Im Zweifel sollten Sie daher die
       Unterbringung eines Betroffenen im Kirchenasyl in die Wege leiten.“ Nicht,
       dass dieser vorher noch schnell abgeschoben würde.
       
       „Das ist vollkommen absurd“, sagt Ines Welge, die für die Evangelische
       Kirche in Hessen und Nassau an dem Treffen am 8. Juni teilnimmt. Letztlich
       gehe es doch darum, mit dem neuen Verfahren die Zahl der Kirchenasyle zu
       senken. Sie fordert eine aufschiebende Wirkung, „damit es für uns gefahrlos
       möglich ist, zu sagen: Diese Leute müssen überprüft werden, weil nach
       unserer Auffassung besondere Härten vorliegen.“
       
       Mindestens 430 Kirchenasyle gab es nach Kirchenangaben im vergangenen Jahr
       in Deutschland. In 378 Fällen nahmen die Gemeinden Flüchtlinge auf, die in
       ein EU-Land abgeschoben werden sollten. Nach der Dublin-Regelung muss ein
       Asylverfahren stets in dem Mitgliedsland der Europäischen Union bearbeitet
       werden, in das ein Flüchtling zuerst einreist – es sei denn, er hält sich
       schon länger als sechs Monate in einem anderen Land auf. Das Kirchenasyl
       hilft häufig, diese Frist zu überbrücken.
       
       Ende 2014 waren Pläne des Innenministeriums bekannt geworden, wonach
       Menschen im Kirchenasyl künftig als untergetaucht gelten sollten. Damit
       könnte ein Dublin-Flüchtling auch noch nach 18 Monaten abgeschoben werden.
       Innenminister Thomas de Maizière (CDU) warf den Kirchen aufgrund der hohen
       Zahl an Dublin-Fällen vor, [2][geltendes Recht abzulehnen und gesetzliche
       Fristen zu ignorieren.] Dagegen sagte Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats
       der Deutschen Bischöfe: „Kirchenasyl ist für uns immer Ultima Ratio.“
       
       25 May 2015
       
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