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       # taz.de -- 20. Karneval der Kulturen: Die Götter lieben den Karneval
       
       > Bei wunderbarem Wetter feierten am Pfingstwochenende etwa 1,4 Millionen
       > BesucherInnen in Kreuzberg. Dialog über neues Konzept soll sofort
       > beginnen.
       
   IMG Bild: Farbenprächtige Folklore: TänzerInnen beim Umzug 2015.
       
       Kleiner war in diesem Jahr nur der Umzug selbst. Ansonsten hat der Karneval
       der Kulturen auch zu seinem 20. Geburtstag unter Beweis gestellt, dass er
       ein echtes Volksfest, nein: Völkerfest geworden ist. Etwa 1,4 Millionen
       BesucherInnen kamen laut Veranstalter am Pfingstwochenende zu dem
       Multikulti-Spektakel, 800.000 nach Angaben der Polizei allein zur Parade am
       Sonntag. Bei wunderbarem Wetter: Auch die Götter lieben offenbar den
       Karneval.
       
       Dass die mit 62 Teilnehmergruppen etwa ein Drittel kleiner ausfiel als in
       den Vorjahren, war den Konflikten zwischen Teilnehmergruppen,
       VeranstalterInnen und Stadt im Vorfeld des Festes geschuldet. Die Gruppen
       hatten mehr logistische und monetäre Unterstützung für ihren Aufwand und
       die Finanzierung eines besseren Sicherheitskonzeptes gefordert. Als der
       Senat das im Februar zusagte, war für viele Umzugsteilnehmer die
       Vorbereitungszeit für ihre teils aufwändigen Präsentationen bei der Parade
       bereits zu kurz.
       
       Auch wenn deshalb viele gerade der altgedienten Karnevalsgruppen wie etwa
       der Vorjahressieger des Umzugswettbewerbs „La Calaca“ mit seinen
       spektakulär gestaltenen und politisch durchdachten Auftritten fehlten – der
       Freude des Publikums an Hasenheide und Gneisenaustraße tat das wenig
       Abbruch.
       
       Ebenso wenig wie die Umsetzung des neuen Sicherheitskonzeptes, das
       hauptsächlich am Beginn des Umzuges sichtbar wurde, als die Polizei den
       Straßenraum freundlich, aber nachdrücklich freiräumte. Später kreuzte das
       Publikum doch wieder die Straße oder folgte in Gruppen des Wagen mit der
       mitreißendsten Tanzmusik bis zum Straßenfest.
       
       Das dehnte sich diesmal bis weit in die Gitschiner Straße aus, auch der
       Mehringdamm war am Sonntag zeitweise abgesperrt. Diese räumliche Entzerrung
       konnte am Umzugstag dennoch nicht verhindern, dass zwischen Zossener Straße
       und Halleschem Tor am Sonntagnachmittag kaum ein Fortkommen mehr möglich
       war, zu groß war das Gedränge. Wer Platzangst hat, ist trotz der
       erweiterten Fläche jedenfalls am Sonntag beim Karneval der Kulturen falsch.
       
       ## Katerstimmung am Morgen danach
       
       Ihm sei der Kinderkarneval am Samstag empfohlen: Der kleine Umzug von
       Schul- und Jugendgruppen ist ein vernachlässigtes Juwel des KdK. Er wird –
       unabhängig vom großen Fest – von der Kreuzberger Musikalischen Aktion (KMA)
       veranstaltet.
       
       Jedes Jahr wählen Kinder ein Mottotier, das dann das Thema des Umzugs ist.
       Die Botschaft in diesem Jahr: Fledermäuse können auch am Tag wunderbar
       tanzen. Leider ist ihr Lebensraum bedroht. Die Stimmung beim Kinderumzug:
       ausgelassen, und bei etwa 3.000 ZuschauerInnen in diesem Jahr auch angenehm
       entspannt. Den Abschluss des Umzugs bildet ein Kinderfest im Görlitzer
       Park.
       
       Am Morgen nach dem großen Umzug, dem frühen Pfingstmontag, dominiert trotz
       aller Freude ein wenig Katerstimmung die Bereiche Kreuzbergs rund um das
       große Fest. Während die Umzugsstrecke und ihre Seitenstraßen längst
       aufgeräumt sind, dümpeln rote und weiße Plastiktüten zwischen den Schwänen
       im Wasser des Urbanhafens.
       
       Die Müllmenge auf den Rasenflächen übertrifft das Aufkommen eines normalen
       Schönwetterwochenendes geschätzt um das Sechsfache, je näher man dem
       Blücherplatz kommt.
       
       Es sind wohl die Männer und Frauen der Berliner Stadtreinigung (BSR), denen
       man neben Veranstalter- und TeilnehmerInnen am meisten für ihren Beitrag
       zum Karneval danken muss. Auch das Müllproblem wollen die VeranstalterInnen
       künftig angehen.
       
       Der Dialog über ein neues inhaltliches und organisatorisches Konzept für
       den Karneval mit allen Beteiligten soll direkt im Anschluss an das
       diesjährige Fest beginnen. Damit es auch 2016 wieder Karneval gibt.
       
       25 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alke Wierth
       
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       hinnehmen.