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       # taz.de -- Frauenrollen in „Mad Max“: Mütter in die Wüste schicken
       
       > Die Kritik der Männerrechtler an dem Actionfilm ist sexistisch. Doch sein
       > feministischer Anspruch scheitert am Bild der Frau als Mutter.
       
   IMG Bild: Wo gehts zum grünen Ort der Mütter? Courtney Eaton, Riley Keough, Rosie Huntington-Whiteley in „Mad Max“.
       
       „Ich bin ein Mann. Mein einziger Instinkt ist das Überleben“, röhrt Mad Max
       in die Wüstenlandschaft und stopft sich eine Echse in den Mund. Die erste
       Szene [1][des neuen Films] überzeugt mit klaren Statements. Ein Mann ist
       ein Mann, weil er (über)lebt. Und der Rest der Welt? Besteht in „Mad Max“
       aus einem postapokalyptischen Wüstenszenario, in dem
       tribalistisch-barbarisch anmutende Schrottplatzgestalten sich in plump
       gewalttätiger Manier um Sprit und Wasser bekriegen.
       
       Der viel spannendere Kampf findet allerdings in der Realität statt und
       dreht sich um die Deutungshoheit über die feministische Auslegung des
       Films. US-amerikanische Männerrechtler haben ihre vermeintlichen
       Geschlechtsgenossen zum Boykott des Films aufgerufen, weil sie ihn als
       feministische Propaganda ansehen: als einen Trick, der den Männern solides
       Actionkino glaubhaft machen will, ihnen dann aber eine feministische
       Lektion erteilen würde. Wäre es doch nur so leicht!
       
       Es fällt leicht, darüber zu lachen, dass die Männerrechtler des Blogs
       [2][“Return of Kings“ (ROK)], es nicht ertragen, dass Charlize Theron als
       Imperator Furiosa dem Helden Mad Max in Stärke und Härte nicht nachsteht,
       sondern ihm auch noch Befehle erteilt und besser schießen kann.
       
       Es wirkt nahezu kindisch, dass der Autor von ROK unterstellt, männliche
       Zuschauer würden durch eindrucksvolle visuelle Tricks in den Film gelockt
       und bekämen statt dessen eine feministische Gehirnwäsche verpasst. Er muss
       wohl annehmen, Männer wären so reflexionsarme Reiz-Reaktionsmaschinen, dass
       es ihnen nicht möglich wäre, über den gesellschaftspolitischen Gehalt eines
       Films selbstbewusst zu urteilen.
       
       ## Weltfremde Kritik
       
       Angeheizt von dieser plumpen Steilvorlage können liberale Blogger_innen und
       Journalist_innen den Männerrechtlern mit Leichtigkeit ihre lächerliche
       Rückständigkeit gegenüber einem längst modernisierten Frauenbild vorhalten
       und darauf verweisen, dass die weltfremde Kritik an den starken
       Frauenrollen im Film um so mehr Besucher_innen in die Kinos ziehe.
       
       Doch das Aufbegehren der Männerrechtler sollte nicht nur Anlass für ein
       müdes Lächeln sein, es ist ein mehr als bedenkliches politisches Statement:
       Sie hetzen nicht nur gegen Feminist_innen, sondern auch gegen Homosexuelle
       und Linke. Ihre reaktionär-biologistischen Gesellschaftsvorstellungen sind
       häufig verschwörungstheoretisch begründet: In Deutschland glauben die
       Maskulinist_innen, eine „Femokratie“ (Frauenherrschaft) sei an der Macht,
       die alle sozialen und politischen Strukturen durchdringe und im Namen des
       Gender-Mainstreamings Männer unentwegt benachteilige.
       
       So werden die „Herren der Schöpfung“ zu Opfern der Gleichberechtigung
       stilisiert, die unterdrückte Frau zur weiblichen Unterdrückerin verkehrt.
       Die Maskulinist_innen sorgen längst nicht mehr nur im Internet mit
       Hetzkampagnen für ein Klima der Angst und Bedrohung unter feministischen
       Autor_innen. Spätestens die Äußerungen des Bestsellerautors Akif Pirinçci
       und seiner Anhänger zur Debatte um sexuelle Vielfalt in Deutschland haben
       gezeigt, dass Männerrechtler hasserfüllt und gewaltbereit gegen
       Andersdenkende eingestellt sind und ihre Verbindungen bis in die rechte
       Szene reichen.
       
       ## Frauen als erdverbundene Bruthennen
       
       Aber was genau wird bei „Mad Max“ eigentlich gegen die Antifeministen_innen
       hochgehalten? Eine Frau, deren erklärtes Ziel es ist, an den „grünen Ort
       der vielen Mütter“ zu gelangen. Eine Frau, die fünf andere aus ihrer
       Gefangenschaft als Bruthennen des obersten Herrschers befreit, nur um sie
       an einen Ort zu bringen, an dem sie auch nur eines sein dürfen: Mütter.
       
       Die Funktion der Frau bleibt dabei die einer Reproduktionsmaschine, egal ob
       im diktatorischen, patriarchalen Wüstenstaat oder im grünen,
       klimafreundlich aufbereiteten Frauen-Nirvana. Die fünf Befreiten hatten
       sich geschworen, sich nie wieder als „Ding“ bezeichnen zu lassen. Sie
       wollten aus ihrem Objektstatus heraustreten, doch sie erwartet nur wieder
       die Reduktion auf das geschlechterrollenfixierte Klischee der fruchtbaren
       Frau.
       
       Selbst eine Horde alter Kämpferinnen auf Motorrädern, die als
       feministisches Highlight die Rettung der Wüstengesellschaft herbeiführen,
       verkehrt die Möglichkeit der Befreiung von traditionellen Frauenbildern in
       die Ideologie matriarchaler Erdverbundenheit: Die Bikerinnen wollen nichts
       anderes, als das was Frauen schon viel zu lange zugeschrieben wird: In
       ursprünglicher Einheit mit Mutter Erde aus Samen Lebewesen großziehen.
       
       27 May 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Sequel-der-Mad-Max-Filme/!5008357/
   DIR [2] http://www.returnofkings.com/63036/why-you-should-not-go-see-mad-max-feminist-road
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Zoe Sona
       
       ## TAGS
       
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