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       # taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Der Weg zum Wiederaufbau ist weit
       
       > Ohne Sicherheit keine Wahlen, ohne Wahlen kein Geld, ohne Geld keine
       > Sicherheit: Die neue Geberkonferenz entrinnt dem Teufelskreis nicht.
       
   IMG Bild: Französische Soldaten patrouillieren nördlich der Hauptstadt Bangui.
       
       BRÜSSEL taz | Die Zentralafrikanische Republik sei ein „Waisenkind der
       Entwicklungshilfe“, sagte Frankreichs Entwicklungsministerin Annick
       Girardin. Gemeint ist, was die zentralafrikanische Präsidentin Catherine
       Samba-Panza am Dienstag zum Abschluss einer Geberkonferenz für ihr Land in
       Brüssel beklagte: „Wir bekommen viele Ankündigungen, aber die Auszahlungen
       halten mit den Erwartungen nicht Schritt.“
       
       Auch nach der Geberkonferenz gibt es zu wenig internationale Hilfe, um die
       Befriedung und den Wiederaufbau der Zentralafrikanischen Republik nach
       zweieinhalb Jahren Bürgerkrieg und massiven ethnischen Vertreibungen zu
       finanzieren. Allein im Bereich der humanitären Nothilfe für das vier
       Millionen Einwohner zählende Land beziffert die humanitäre UN-Abteilung
       OCHA den Finanzbedarf auf 613 Millionen Dollar (560 Millionen Euro). Vor
       der Geberkonferenz war dieser nur zu 21 Prozent gedeckt.
       
       Die Geberkonferenz erbrachte nach Angaben der EU-Kommission Zusagen von 380
       Millionen Euro, aber die fließen nicht nur in die Nothilfe, sondern auch in
       die Budgethilfe für die Regierung, die Vorbereitung der noch für dieses
       Jahr geplanten Wahlen und den sogenannten „Hoffnungsfonds“ (Fonds Békou),
       der Entwicklungsprojekte in der Ernährungssicherheit, des städtischen
       Wiederaufbaus, der Gesundheit, der Ankurbelung der Wirtschaft und der Hilfe
       für zentralafrikanische Flüchtlinge in Kamerun finanzieren soll. Dieser
       Fonds ist auf karge 74 Millionen Euro angelegt und wird von der
       EU-Kommission gemeinsam mit Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und
       der Schweiz verwaltet.
       
       Von den 72 Millionen Euro, die die EU zugesagt hat, fließen 40 Millionen in
       Budgethilfe, 22 Millionen in den Hoffnungsfonds und 10 Millionen in die
       humanitäre Nothilfe. Weitere Zusagen kamen von Frankreich (35 Millionen
       Euro), der Schweiz (9 Millionen) und Deutschland (5 Millionen für den
       Hoffnungsfonds). Es gab insgesamt 20 Millionen Dollar für die Wahlen, davon
       die Hälfte aus den USA – die Wahlen sollen 60 Millionen kosten.
       
       Ohne eine gewählte Regierung, die die seit Anfang 2014 amtierenden und von
       internationalen Truppen geschützten Übergangsinstitutionen unter
       Präsidentin Samba-Panza ablöst, können Weltbank, IWF und Afrikanische
       Entwicklungsbank keine Wiederaufbauhilfen freigeben.
       
       ## Rückkehr der über 800.000 Flüchtlinge
       
       Nicht gedeckt ist überdies die Demobilisierung und Reintegration der
       Zehntausenden Kämpfer der bewaffneten Gruppen des Landes sowie die Rückkehr
       der über 800.000 Flüchtlinge – zwei Schritte, ohne die erfolgreiche Wahlen
       unwahrscheinlich sind. Die Wahlen waren ursprünglich für Anfang 2015
       vorgesehen, dann wurden sie auf August und schließlich auf Ende des Jahres
       verschoben.
       
       Wenn sie stattfinden, dann nur auf einem Teil des Staatsgebiets. Die
       Regierung kontrolliert nach Angaben eines ihrer ausländischen Berater
       gegenüber der taz nur die Hauptstadt Bangui und das umliegende Gebiet bis
       zu einer Entfernung von 100 Kilometern – die Zentralafrikanische Republik
       hat die anderthalbfache Fläche Deutschlands.
       
       Die Sicherheitslage ist viel schlechter als offiziell zugegeben: Das
       Risiko, entführt zu werden, ist sehr hoch und es breitet sich ein
       unkontrolliertes Banditenwesen aus. Derzeit häufen sich Diebstähle von
       Motorrädern, deren Fahrer dabei erschossen werden. Dennoch will die
       ehemalige Kolonialmacht Frankreich ihre 2.000 Mann starke Eingreiftruppe
       „Sangaris“ baldmöglichst abziehen, weil sie 200 Millionen Euro im Jahr
       kostet. All dies steigert nicht unbedingt die Zuversicht der Geber.
       
       27 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Francois Misser
       
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