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       # taz.de -- Regierungsbildung in Finnland: „Wahre Finnen“ jetzt am Ruder
       
       > Der Rechtspopulist Timo Soini bestimmt die künftige Außen- und
       > Europapolitik. Regierungschef wird der Konservative Juha Sipilä.
       
   IMG Bild: Finnlands neue „Supertruppe“ (von links): Rechtspopulist und Außenminister Timo Soini, Regierungschef Juha Se- pila von der Zentrumspartei und der Chef der Nationalkonservativen, Alexander Stubb.
       
       STOCKHOLM taz | Seine Ehefrau gab letztendlich den Ausschlag. Timo Soini
       stand vor der Wahl, ob er Finnlands neuer Finanz- oder doch lieber Außen-
       und Europaminister des Landes werden wollte. Ein Anruf bei Tiina entschied
       Timos Frage: Finnland wird in den kommenden vier Jahren auf internationaler
       Ebene vom Vorsitzenden der „Wahren Finnen“ repräsentiert.
       
       Die Rechtspopulisten, die bei [1][der Wahl im April] [2][zweitstärkste
       Kraft geworden] waren, hatten sich in den vergangenen zweieinhalb Wochen
       mit der konservativen Sammlungspartei und dem rechtsliberalen Zentrum – der
       Wahlsiegerin – auf das Regierungsprogramm und die Zusammensetzung einer
       Koalition dieser drei Parteien geeinigt. Die Wahl des Zentrumsvorsitzenden
       Juha Sipilä zum Ministerpräsidenten durch eine Mehrheit des finnischen
       Parlaments am Donnerstagnachmittag bestätigte diese Regierungskonstellation
       dann auch formal. Nach Norwegen übernimmt damit jetzt in einem zweiten
       nordischen Land eine Partei mit offen ausländerfeindlicher Programmatik
       Regierungsverantwortung.
       
       Von einem „grand slam“ für Soini sprach eine Kommentatorin des finnischen
       Rundfunks. Denn die „Wahren Finnen“ würden in Zukunft für zentrale Bereiche
       der finnischen Politik Verantwortung tragen. Der EU-Kritiker Soini könne
       als Außen- und Europaminister nicht nur großen Einfluss auf die finnische
       Europapolitik nehmen, sondern auch Teile der EU-Agenda mitbestimmen. Dass
       er für Griechenland den „Grexit“ für die „sauberste Lösung“ hält, hat er
       erst kürzlich wiederholt. Ein weiterer Vorteil seiner Ministerwahl: Er muss
       nun nicht als Finanzminister ein unpopuläres Sparprogramm umsetzen, bei dem
       10 Milliarden Euro vor allem im Sozialsektor eingespart werden sollen, um
       den Staatshaushalt zu sanieren.
       
       Neben dem Verteidigungsminister und der Sozial- und Gesundheitsministerin
       stellen die „Wahren Finnen“ mit Jari Lindström auch den Justiz- und
       Arbeitsminister. Der darf die angekündigte Ausländerrechtsverschärfungen in
       Gesetzesform gießen und erregte gleich Aufsehen mit der Bemerkung, er könne
       sich „unter bestimmten Umständen“ die Wiedereinführung der Todesstrafe
       vorstellen. Welchen Einfluss werden solche Stellungnahmen, immer
       wiederkehrende rassistische Ausfälle und überhaupt die
       Regierungsbeteiligung der Rechtspopulisten auf das weltweite Image
       Finnlands haben?
       
       Die Staatswissenschaftlerin und Expertin für rechtsradikale Parteien,
       Ann-Cathrine Jungar, verweist auf ein Beispiel, wonach ein Stadtrat der
       „Wahren Finnen“ in der Hauptstadt Helsinki fordert, man solle in Finnland
       lebende afrikanische Flüchtlinge zwangssterilisieren, weil sie sich sonst
       zu sehr vermehrten. „Im internationalen Vergleich ist die Toleranz für
       fremdenfeindliche Aussagen in Finnland ausgesprochen hoch“, meint Jungar.
       „Es kennzeichnet die ‚Wahren Finnen‘, dass sie gegenüber solchen
       Bemerkungen nie wirklich auf Distanz gehen. Von einer Regierungspartei
       würde man sich das aber schon wünschen.“
       
       Nicht nur um das Image Finnlands macht sich der Politologe Göran Djupsund
       Sorgen. Die neue Regierung spare da, wo man es nicht solle, nämlich im
       Bildungswesen. Sie lege vor allem den Schwachen die Lasten auf: „Es sieht
       finster aus“, resümiert Djupsund.
       
       28 May 2015
       
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