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       # taz.de -- Menschen auf der Straße: Einmal mehr an den Rand gestellt
       
       > Mehr Notunterkünfte für Obdachlose fordert das Aktionsbündnis gegen
       > Wohnungsnot. Doch das ist nur die Spitze eines tiefergehenden,
       > strukturellen Problems.
       
   IMG Bild: Ruf nach genügend Schlafplätzen: Demonstranten vor dem Rathaus
       
       Rund 2.000 Menschen schlafen in Hamburg nach aktuellen Angaben des
       Diakonischen Werkes in Zelten, unter Brücken oder auf Parkbänken. Damit
       sich daran etwas ändert, hat das „Hamburger Aktionsbündnis gegen
       Wohnungsnot“ bei einem Protestmarsch den Senat aufgefordert, endlich für
       ein auskömmliches Angebot an akzeptablen Schlafplätzen zu sorgen.
       
       200 Menschen demonstrierten am gestrigen Donnerstag für mehr
       Notschlafplätze für Obdachlose von der Bahnhofsmission zum Jungfernstieg,
       während im Rathaus über einen Antrag der Linksfraktion zum Thema
       Wohnungslosigkeit debattiert wurde.
       
       Wer wohnungslos ist, hat eigentlich einen Anspruch auf einen Platz in einer
       öffentlichen Unterkunft. Doch dieser gilt in Hamburg nur noch auf dem
       Papier. Menschen, die in Notunterkünften schlafen wollen, werden seit April
       teilweise abgewiesen, weil kein Platz mehr da ist.
       
       Die öffentliche Hand finanziert Plätze in drei verschiedenen
       Unterkunftsarten: Kurzfristige Notunterkünften wie die zentrale
       Obdachlosenunterkunft für Männer „Pik As“ sollen Obdachlosen wenigstens ein
       Dach über dem Kopf bieten. Von hier aus sollen die Betroffenen dann
       möglichst schnell in öffentliche Unterkünfte vermittelt werden. Aktuell
       leben in Hamburg 14.000 Obdachlose und Flüchtlinge in den Einrichtungen des
       städtischen Trägers „Fördern und Wohnen“ , die eigentlich nur mittelfristig
       Wohnraum schaffen sollen. Aufgabe dieser Einrichtungen ist es aber auch,
       Menschen bei der Suche einer eigenen Wohnungen zu helfen. Doch wegen des
       angespannten Wohnungsmarktes läuft das momentan nur schleppend.
       
       Auf der Demonstration forderte Dirk Hauer von der Diakonie, dass das
       städtische Wohnungsunternehmen Saga GWG mindestens 4.500 Wohnungen pro Jahr
       für vordringlich Wohnungssuchende zur Verfügung stellen müsse. Nur so könne
       man Hauer zufolge den Kern des Problems anpacken: Wenn mehr Menschen in
       eigene Wohnungen kämen, würden dafür Plätze in öffentlichen Einrichtungen
       frei, die dann wiederum von Wohnungssuchenden aus Notunterkünften oder von
       der Straße belegt werden könnten. Laut Stadtentwicklungssenatorin Dorothee
       Stapelfeldt, stellt die Saga tatsächlich rund 1.700 Wohnungen bereit.
       
       Zugespitzt hat sich die Situation erneut seit April - vor allem, weil rund
       800 Menschen aus dem Winternotprogramm wieder auf die Straße geschickt
       wurden und das Pik As wegen neuer Brandschutzverordnungen die Schlafplätze
       von bisherigen 500 auf nur noch 260 verringern musste.
       
       Das Straßenmagazin Hinz&Kunzt hatte im April gefordert, ein ganzjähriges
       Winternotprogramm für Obdachlose auch im Sommer zu schaffen. Die Grünen
       dagegen sehen im Winterquartier die Chance, um Flüchtlinge unterzubringen.
       Auf der Abschlusskundgebung betonte Hauer, Obdachlose hätten „unsere Hilfe,
       Schutz und Mitgefühl verdient, und auch einen Rechtsanspruch darauf“.
       
       Ein Sprecher der Sozialbehörde wies darauf hin, dass die Stadt nur
       Obdachlose mit Wohnungsberechtigung in Hamburg unterbringen müsse. Die
       Nutzer des Winternotprogramms mit mehr als 900 Plätzen seien mehrheitlich
       „Wanderarbeiter“ aus Osteuropa gewesen, die eigentlich nicht obdachlos
       seien. Stapelfeld räumte ein, die rot-grüne Regierung „wisse um ihre
       Verantwortung“ - und auch dass „noch viel Arbeit vor ihr liege“.
       
       28 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kristof Botka
       
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