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       # taz.de -- Klima versus Kohle: Merkel bleibt Kohle-Kanzlerin
       
       > Die Kanzlerin distanziert sich von der geplanten Abgabe für alte
       > Kohlekraftwerke. Sie will zu Hause nicht das, was sie international
       > fordert.
       
   IMG Bild: Zwei Aktivisten der Grünen karikieren Merkel und Gabriel im Sommer 2014.
       
       Berlin taz | Was will Angela Merkel sein – „Klima- oder Kohlekanzlerin?“
       Das fragten Greenpeace-AktivistInnen am Samstag auf Transparenten vor dem
       Kanzleramt in Berlin und in 60 weiteren Städten. Die Kanzlerin gab die
       Antwort am selben Tag in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung:
       beides.
       
       International will Deutschland am kommenden Wochenende beim G-7-Gipfel im
       bayerischen Schloss Elmau „möglichst viele Zusagen“ für die Abkehr von
       Kohlenstoffen bekommen. Doch zu Hause verweigert Merkel jede Unterstützung
       für den Plan von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), alte
       Kohlekraftwerke mit einer neuen Abgabe zu belasten, um ihren CO2-Ausstoß zu
       reduzieren.
       
       „Er spricht mit allen Betroffenen über seinen Vorschlag und prüft ebenso
       Alternativen, das begrüße ich“, sagte Merkel der SZ – was eine wenig
       verklausulierte Distanzierung darstellt. Das deutsche Klimaziel müsse
       erreicht werden, „ohne dass in bestimmten Regionen ein massiver Verlust an
       Arbeitsplätzen eintritt“. Vor Jobverlusten als Folge der geplanten
       Kohleabgabe hatten Kraftwerksbetreiber und Gewerkschaften gewarnt; das
       Wirtschaftsministerium und das Umweltbundesamt halten die Auswirkungen
       hingegen für minimal.
       
       Mit ihrer Doppelstrategie – weitreichende internationale Forderungen bei
       gleichzeitigem Verzicht auf wirksame Maßnahmen zu Hause – stößt Merkel
       nicht nur bei Umweltschutzverbänden auf Kritik, sondern auch in ihrem
       eigenen Kabinett. „Kein Land kann bei internationalen Klimaverhandlungen
       glaubwürdig auftreten, wenn es zu Hause selbst seine Ziele nicht erreicht“,
       sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) der Neuen Osnabrücker
       Zeitung. „Deshalb erwarte ich, dass die Union auf die beschlossene Linie
       des Kabinetts einschwenkt.“ Hendricks hofft aber offenbar noch auf eine
       kurzfristige Einigung: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Union die
       Kanzlerin mit leeren Händen nach Elmau reisen lässt“, sagte sie.
       
       Deutschland hat sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2020 im
       Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Bisher droht dies Ziel
       deutlich verfehlt zu werden. Darum hatte das Kabinett im Dezember ein
       Aktionsprogramm verabschiedet, das in vielen Bereichen zusätzliche
       Einsparungen vorsieht; im Kraftwerksektor sind es 22 Millionen Tonnen.
       
       Aufgrund von Protesten hat Gabriel sein ursprüngliches Konzept bereits
       aufgeweicht und alte Kohlekraftwerke besser gestellt als zunächst
       vorgesehen. Auch diesen Plan lehnt der Wirtschaftsflügel der Union aber
       bisher ab. Der Vorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, hält das Vorhaben
       gar für einen Bruch des Koalitionsvertrags. Dies wies Hendricks zurück: Der
       Vertrag bekenne sich zum 40-Prozent-Ziel. Wer dies gemeinsam beschließe,
       müsse auch zur Umsetzung stehen.
       
       31 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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