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       # taz.de -- Selbstzerfleischung nach der Bremer Wahl: Bremer Grüne zerlegen sich
       
       > Interner Streit bei den Grünen in Bremen wegen des schwachen
       > Wahlergebnisses: Fraktionschef Güldner fordert den Rücktritt von
       > Finanzsenatorin Linnert.
       
   IMG Bild: 2011 waren sie sich noch grün: Fraktionschef Matthias Güldner und Finanzsenatorin Karoline Linnert (beide Grüne)
       
       Mit einem Frontalangriff auf die Bremer Spitzenkandidatin Karoline Linnert
       und einer kaum verbrämten Rücktrittsforderung an die Adresse der
       Finanzsenatorin hat sich Matthias Güldner, Chef der Bürgerschafts-Grünen,
       zu Wort gemeldet: „Das Papier war nicht zur Veröffentlichung bestimmt“,
       schränkte er im Gespräch mit der der taz zwar ein. Tatsächlich hatte er es
       am Dienstag vergangener Woche ursprünglich nur einem Führungsgremium aus
       den drei SenatorInnen, der Fraktions und der Parteispitze vorgelegt. Dort
       hatte es nur verhaltene Zustimmung geerntet.
       
       Nachdem Güldner am Freitag jedoch wie in diesem Inner-Circle-Gespräch
       angekündigt [1][seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit als
       Fraktionsvorsitzender erklärt hatte], tauchte die „Wahlnachlese“ mit dem
       Titel „Grüne Lähmung überwinden“ in den Medien auf. Nicht ganz ohne sein
       Zutun: „Ich habe es Parteimitgliedern gegeben“, räumte Güldner gestern auf
       Nachfrage der taz ein. Und während aus der Partei die Sorge laut wird, dass
       damit den erstarkten Befürwortern einer großen Koalition innerhalb der SPD
       in die Hände gespielt wird, hofft Güldner, bei der
       Landesmitgliederversammlung, die heute Abend über die Aufnahme von
       Koalitionsverhandlungen entscheidet, das Hauptziel seines Skripts zu
       erreichen. Das sei schließlich nicht der Rücktritt von Linnert, sondern der
       Wunsch gewesen, „mal eine etwas andere Diskussion als sonst“ anzustoßen -
       nämlich „eine, die stattfindet“. Er halte es für wichtig, Partei und
       Fraktion aus ihrem Trott zu rütteln, der nach dem Motto „Hauptsache
       überstehen“ funktioniere. „Daraus erwächst nichts Gutes“, so Güldner.
       
       Das ist ein Mangel, den er nicht allein empfindet: So bezeichnete es die
       stellvertretende Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer als „gut, dass jemand
       mal den Mut hat, die Ruhe zu durchbrechen“. Es sei „wichtig, sein Hirn
       aufzumachen und sich zu vergewissern: Was sind denn nun unsere grünen
       Profile“. Deren Fehlen sei im Wahlkampf immer wieder bemängelt worden.
       
       Allerdings grundiert ein lange schwelender Dissens ums Politikverständnis
       Güldners Analyse: Er wirft Linnert vor, Konflikte bevorzugt „hinter
       verschlossenen Türen beizulegen, so dass draußen keiner was mitkriegt“,
       weil „man denkt, das sei gut: Das ist es aber gar nicht“, warnte Güldner.
       Und so betont er zwar, mit seinem Vorstoß „alle drei Ebenen: Partei,
       Fraktion und Senat“ ansprechen zu wollen, und gibt sich unzufrieden auch
       mit der Ausstrahlung des Sozial und des Umweltressorts. Allerdings nimmt
       die Auseinandersetzung mit der „Finanzpolitik und ihrer Protagonistin“ den
       mit Abstand meisten Raum ein: Die Spannungen zwischen ihr und grünen
       Kernthemen seien „immer größer geworden“, schreibt Güldner. Und schließt
       seinen Text mit der „Frage nach Konsequenzen bei den Senatsmitgliedern, vor
       allem bei der Spitzenkandidatin“.
       
       Die reagierte wenig verständnisvoll auf Güldners Ansinnen, unter Verzicht
       aufs Finanzressort in die Koalitionsverhandlungen zu ziehen: „Die
       Einstellung, weil mir sparen zu anstrengend ist, überlasse ich das lieber
       den anderen, damit kann ich nichts anfangen“, so Linnert. Für sie heiße
       „Politik zu machen, auch unangenehme Entscheidungen treffen zu müssen“.
       
       Rückendeckung erhielt sie dafür vom Grünen-Landesvorstand der sich
       „befremdet“ von Güldners Äußerungen zeigte: In den Nachwahlberatungen seien
       von keiner Seite „personelle Konsequenzen wie Rücktritte“ gefordert worden,
       teilte die Doppelspitze aus Henrike Müller und Ralph Saxe mit. Linnerts sei
       „mit großem Vertrauensvorschuss zur Spitzenkandidatin gewählt worden“,
       erinnerte Saxe, Müller verwahrte sich dagegen, zur Kronzeugin der
       Rücktrittsforderung gemacht zu werden: Güldner hatte ihre Entscheidung, im
       Herbst nicht wieder für den Vorstand zu kandidieren, als Reaktion aufs
       Wahlergebnis gedeutet und Linnert zur Nachahmung empfohlen. Müller hatte
       aber schon vor der Wahl Vertraute informiert, nicht mehr anzutreten.
       
       1 Jun 2015
       
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