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       # taz.de -- Zweifelhafte Olympia-Werbung: Neutral sieht anders aus
       
       > Hamburgs städtische Betriebe sind Feuer und Flamme für Olympia. Das
       > verstößt möglicherweise gegen das Zurückhaltungsgebot.
       
   IMG Bild: In der Freude über Olympia kann man Verfassungs-Details vergessen
       
       Hamburg taz | „Feuer und Flamme für Olympia“ sind in Hamburg die
       Feuerwehrwagen, die Hochbahn ist es ebenfalls und auch die E-Mails von
       Senatsbehörden transportieren im Anhang olympisches Feuer. Seit Senat und
       Bürgerschaft im Mai vergangenen Jahres beschlossen haben, dass sich die
       Stadt um die Ausrichtung der Spiele 2024 bewerben soll, macht sie Werbung
       für das Projekt. Das ist naheliegend - aber nach Meinung von Juristen
       möglicherweise verfassungswidrig.
       
       Arne Pilniok, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Hamburg,
       verweist auf ein Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts aus dem Jahr
       2011. Das hatte in einem Streit zwischen der Volksinitiative „Wir wollen
       lernen“ und den Senat darauf verwiesen, dass die Bürgerschaft
       „Zurückhaltung dabei zu üben“ habe, „öffentliche Ressourcen einzusetzen und
       über reine Sachinformation hinaus besondere staatliche Autorität für ihre
       Ansichten einzunehmen“ habe.
       
       Die Situation zwischen Volksinitiative und Bürgerschaft sei mit der
       zwischen Olympia-Gegnern und Senat beziehungsweise Bürgerschaft
       vergleichbar, sagt Pilniok. In beiden Fällen „verfügt die staatliche Seite
       über mehr Ressourcen“. Zugleich räumt er jedoch ein, dass es keine
       gefestigte Rechtsprechung in dem Bereich gibt. Zwar fordert die Verfassung,
       dem Gebot der Sachlichkeit und der Chancengleichheit zu folgen - dazu gibt
       es aber keine klare Vorhersage.
       
       Jörg Schmoll, Sprecher der Hamburger Senatskanzlei, ist unbesorgt, was eine
       mögliche Meinungsbeeinflussung anbelangt. „Die Aktivitäten der Initiative
       ,Feuer und Flamme‘ wurden im Vorfeld der Entscheidung des Deutschen
       Olympischen Sportbundes über die deutsche Bewerberstadt gestartet“, sagt
       er. „In diesem Zusammenhang wurde auch das Logo, das bereits Bestandteil
       der letzten Hamburger Olympia-Bewerbung war, eingesetzt.“ Damals aber sei
       ein Referendum über die Spiele nicht absehbar gewesen.
       
       Bei der Hochbahn hat man keine Bauchschmerzen bei der Olympia-Werbung. Zwar
       schließt man in dem städtischen Unternehmen politische Werbung aus - „Feuer
       und Flamme für Olympia“ gehört für Unternehmenssprecher Christoph
       Kreienbaum aber nicht zu dieser Kategorie.
       
       Die Kosten für die Aufkleber auf den Bussen, U-Bahnen und Fähren beliefen
       sich ohnehin nur auf 11.000 Euro und Ausfallkosten gäbe es keine, weil die
       Slogans auf Flächen platziert würden, die nicht für Werbung zur Verfügung
       stünden. Und schließlich: „Als öffentliches Unternehmen unterstützen wir
       die Senatspolitik“, sagt Kreienbaum.
       
       Etwas mehr Bauchschmerzen hat Manfred Brandt vom Hamburger Landesverband
       „Mehr Demokratie“, der das für November angesetzte Referendum zur
       Olympiabewerbung ablehnt, weil es die demokratischen Mitbestimmungsrechte
       einschränke. Zwar sei es unfair, wenn eine der Streitparteien mehr Mittel
       habe - solange die Herkunft dieser Mittel jedoch klar sei, „müssen wir das
       im Augenblick ertragen“.
       
       Ohne Frage hätten es die Olympia-Gegner schwerer, Finanzmittel einzuwerben,
       doch Brandt sieht keinen Ansatz, um dieses Gefälle zu vermeiden.
       
       Immerhin hat „Mehr Demokratie“ einen Entwurf für eine Verfassungsänderung
       erstellt, nach der die Auffassungen der Bürgerschaft und einer Initiative
       in Senatsveröffentlichungen „im gleichen Umfang“ dargestellt werden müssen.
       
       In eine ähnliche Richtung ging eine Anfrage der Linken im Januar 2015, die
       vom Senat wissen wollte, ob auch den Olympia-Gegnern Werbung auf
       öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht werde. „Nein“, lautete die Antwort.
       „Die Unternehmen unterstützen die Pläne der Freien und Hansestadt.“
       
       2 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friederike Gräff
       
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