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       # taz.de -- Die Wahrheit: Per Achterbahn durchs Reihenhaus
       
       > Erlebniswelt Großburgwedel: Das schon wieder wiedergewonnene Eheglück von
       > Bettina und Christian Wulffs kann jetzt im ganz privaten Rahmen
       > besichtigt werden.
       
       Wegen des großen Erfolges und der Meldung [1][von seriösen] und anderen
       Medien, dass Bettina Wulff ihren Christian nun zum dritten Mal geheiratet
       hat, wiederholen wir diesen Text aus dem taz-Wahrheit-Ressort. Er erschien
       erstmals 2015, als die beiden ein zweites Mal geheiratet haben. Wir werden
       ihn in ein paar Jahren nochmals hochziehen, wenn Wulff und Wulff zum
       vierten Mal Ja gesagt haben werden. 
       
       „Was freue ich mich, dass Sie da sind“, lacht Bettina Wulff, deutet einen
       Knicks und einen Kuss an und macht auf dem Absatz kehrt, um den Postboten
       in ihr Haus zu führen. Wenig später kommt sie erneut heraus und bittet nun
       auch uns herein. Zweimal täglich dürfen Journalisten, Fotografen und
       Katastrophentouristen an einer Führung durch die Wulff-Finca teilnehmen, um
       das wiedergewonnene Eheglück der Bettina Wulff zu bestaunen. Eine Geste der
       Zuversicht, der Nähe, der Öffnung in Richtung Zukunft und Richtung
       Hausflur.
       
       Man kann nicht sagen, dass die beiden bescheidener geworden sind. Fenster
       lassen Licht in das zum Teil mehrstöckige Gebäude, in vielen Zimmern stehen
       echte Möbel, fachmännisch verfugte Wände isolieren die Insassen von der
       Außenwelt. Eine gewisse Volkstümlichkeit haben die Wulffs sich allerdings
       bewahrt. Wieder ist ihr Domizil ein solide verglastes Reihenmittelhaus, in
       einem Gewerbegebiet nahe Großburgwedel. Aus Sicherheitsgründen steht es
       allerdings allein, auf einem mit Stacheldraht umflorten Mehrzweckgrundstück
       mit angeschlossenem Campingplatz.
       
       Doch Geheimniskrämerei wird bei den Wulffs nicht länger geduldet: Ein
       großes, beleuchtetes Schild „WULFF-WORLD“ schwebt über dem Eingang; ein
       Souvenirshop mit Wulff-Merchandise rundet das Bild ab. Hier können
       Vuvuzelas, Spaß-Handys, Bobby-Cars und handgenähte Jammerlappen mit dem
       Bettina-Wulff-Logo erworben werden. Auch der härteste Kritiker muss neidlos
       anerkennen: Hier leben die Wulffs, fürwahr.
       
       Nachdem wir die Security passiert haben und unsere Brieftaschen auf
       potenziell gefährliche Summen kontrolliert wurden, betreten wir das in
       festlichen Beigetönen gehaltene Wohnzimmer. Sessel laden zum Verweilen ein,
       der Kamin blubbert aufgeregt vor sich hin. Eine Hostess serviert Kaffee,
       Likör und Kaffeelikör, ein Beamer strahlt Fotos aus dem aufregenden Leben
       Bettina Wulffs an die Wand.
       
       „Das ist die Info-Lounge, beziehungsweise der Lobby-Point unseres
       Hospitality-Centers“, erklärt Bettina Wulff. „Hier spüren die Gäste, dass
       noch alles in Ordnung ist und die bürgerlichen Zusammenhänge stimmen.
       Dadurch wird die wilde Fahrt abwärts nur um so geiler!“
       
       ## Immer noch festlich gestimmt
       
       Sie verweist auf die Porträtreihe, berühmte Bundespräsidenten aus sieben
       Jahrzehnten und zwölf Ländern. Die fingerfarbenfrohen Werke sind zum Teil
       noch feucht. „Malt der Chrissy alle selbst“, fügt sie stolz hinzu, „in der
       Kunsttherapie.“ Abends wird dieser Teil der Casa Wulff festlich: „Gegen
       kleines Geld richten wir hier Konferenzen, Kindergeburtstage oder ganze
       Swinger-Parties aus. Geht nicht, gibt's bei uns nicht!“
       
       Wie die beiden nach derschmerzhaften Trennung wieder zusammengefunden
       haben? Bettina schildert eine romantische Szene in Italien:
       Sonnenuntergang, Weingeflüster, Fidelio, Feuer und Freimaurerriten, nackte
       Menschen mit Tiermasken. Branchenkenner vermuten jedoch eher ein zufälliges
       Wiedersehen per Kontaktanzeige im Fachblatt Flesh World. Wie dem auch sei:
       Seit die beiden erneut vereint sind, läuft die „WULFF-WORLD“ auf
       Hochtouren!
       
       Da unser Stundenticket schon zur Hälfte abgelaufen ist, drängt Bettina
       Wulff zur Eile. Raschen Schrittes führt sie uns aus dem Wohnzimmer zur
       nächsten Station, dem „Panic Room“. In diesem an ein Büro erinnernden
       Fahrgeschäft wird der Gast zunächst von unsichtbaren Mächten auf einen
       Stuhl geschnallt. Allmählich fängt die Temperatur an zu steigen, der
       Amtssitz wird ordentlich durchgerüttelt, Bild-Titel rotieren als gleißendes
       Hologramm, halluzinogene Gase mindern die Intelligenz- und
       Gedächtnisleistung. „Na, fühlen Sie sich schon angemessen präsidial?“,
       schreit Bettina Wulff fröhlich. Auf dem Höhepunkt des Tohuwabohus spricht
       der Besucher auf die Mailbox von Kai Diekmann, um eine perfekte
       Sympathiekampagne zu pitchen.
       
       Dann klappt der Stuhl plötzlich nach hinten weg, und eine spannende
       AchterbahnfahrtRichtung Keller beginnt. „Keine Angst, ich steige
       rechtzeitig aus“, frotzelt die neben uns gackernde Bettina Wulff, während
       die fratzenhaft verzerrten Gesichter von Bettina Schausten und Uli
       Deppendorf vorbeiziehen. Eine wilde, behaarte Bestie springt über die
       Schienen: Es ist Heribert Prantl, Kommentarchef der Süddeutschen Zeitung.
       Man geizt hier nicht mit Schrecken!
       
       Belastet es das neu gefundene Eheglück, dass Bettina zu Hause arbeitet? „Ih
       wo“, lacht sie. „Alles eine Frage der Organisation. Wichtig ist, dass jeder
       seine Freiräume hat. Chrissy zum Beispiel hat davon sogar zwei: hier im
       Keller und einen auf dem Dachboden. Da kann er ungestört toben, wenn ich
       mal wieder die Investoren im Haus habe.“
       
       ## Immer noch kein Zaster
       
       Stichwort Geld: Kann sie weiter ihren aufwendigen Lebensstil pflegen, jetzt
       wo der Mann arbeitslos ist und die Kinder im Pfandhaus sind? Auch für
       solche Andeutungen hat Bettina Wulff nur Spott: „Viele sagen, dass uns nur
       das Geld zusammenhält. Das ist falsch. Ich habe zum Beispiel gar keines
       mehr. Oder glauben Sie, jemand wie ich würde sich sonst für diesen
       Human-Interest-Mist hergeben?“ Tatsächlich halten die Wulffs jetzt streng
       haus: „Chrissys Vermögen wurde unter internationale Verwaltung gestellt.
       Weil seine Kreditkarte so oft gesperrt war, wenn ich damit einkaufen
       wollte.“
       
       Mittlerweile fährt unsere Gondel durch die authentisch nachgeahmte
       Katastrophenlandschaft Sylts. Zahnarztehepaare winken mechanisch, aus einem
       Springbrunnen fließt Cocktailsauce. In Rage kommt Bettina Wulff bei
       Zweifeln an der Authentizität ihrer Beziehung: „Natürlich sind wir wieder
       zusammen. Als Ex-Mann und Ex-Frau, unter einem Ex-Dach! Nicht so
       ungewöhnlich, wie es sich anhört. Denken Sie an die Kessler-Zwillinge. Oder
       Michael Jackson und seinen Affen Bono!“
       
       ## Immer für Chrissy
       
       Schließlich hält die Gondel vor einem unheimlichen Märchenschloss. Es
       handelt sich um die originalgetreue Reproduktion des Verlagsgebäudes von
       C.H. Beck, im Maßstab 1:1000. Direkt am Eingang kommen wir zum Stehen.
       Durch ein Guckloch erkennen wir eine schemenhafte, gebeugt wirkende
       Gestalt. „Das ist er“, flüstert unsere Gastgeberin. Das Schattenwesen, das
       krächzende Laute ausstößt, ist offenbar auf der Suche nach etwas.
       
       „Mein Schatzzzz“, zischelt es … „Schaaaaaaatz! Bist du da? Hast du die FAZ
       gesehen? Da schreibt der Steltzner wieder was über Amt und Würde!“ – „Ja,
       mein Törtchen“, ruft Bettina, und schiebt einen vergilbten
       Zeitungsausschnitt unter der Tür durch. „Er kriegt Trümmer seines früheren
       Lebens, zum Spielen. Sonst hat er ja nur mich!“
       
       Es ist klar, dass Bettina Wulff um ihre Verantwortung weiß, geht es darum,
       die Überreste ihres Mannes zu verwalten. „Er muss gewartet, enteist und
       zugefüttert werden“, erklärt sie auf dem Weg ins Tageslicht, „sonst fallen
       dem Piepmatz die Federn aus. Er ist ja schon dünnhäutig!“
       
       Doch trotz der Härten – hier erfüllt sich ein Traum, den andere Paare
       vergebens träumen. Die Wulffs haben ihre Ehe aus eigener Kraft gerettet,
       engagieren sich für das kleine Bündel Leben von Christian Wulff. Und am
       wichtigsten: Jeder kann dieses Glück teilen. Ein Tagesticket für die
       WULFF-WORLD kostet 59 Euro, ermäßigt 29 Euro.
       
       6 Jun 2015
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Erneute-Hochzeit-Bettina-und-Christian-Wulff-trauen-sich-wieder,wulff2966.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leo Fischer
       
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