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       # taz.de -- Kommentar zum G7-Gipfel: Schmierentheater im Schlosshotel
       
       > In Elmau wird aus der demokratischen Repräsentation eine kitschige
       > Scheinwelt. Sie zeigt, wie ein wichtiges Prinzip missverstanden wird.
       
   IMG Bild: Hässliche Züge: Protest gegen die kitschige Scheinwelt von Elmau.
       
       Es werden Militante kommen, sie werden wüten. Glaubt man der
       Bundesregierung, dann ist für die kommenden Tage die Auferstehung des
       gewalttätigen Linksextremismus zu erwarten. Friedliche Demonstranten, das
       schwingt drohend mit, mögen sich zum eigenen Besten lieber fernhalten von
       den G-7-Protesten.
       
       Woher der an die Wand gemalte Zorn allerdings rühren könnte, sagt die
       Bundesregierung nicht. In einer Demokratie muss man mit Begriffen wie
       Staatspropaganda vorsichtig umgehen – doch dass in den letzten Wochen alles
       dafür getan wurde, um diesen Begriff ins Recht zu setzen, ist klar: Was in
       Elmau repräsentiert werden soll, ist auch eine Form von Extremismus.
       
       Repräsentation ist, politikwissenschaftlich betrachtet, die rechtlich
       autorisierte Ausübung von Herrschaftsfunktionen. Demokratisch gewählte
       Staats- und Regierungschefs vertreten die Interessen des Volkes. In Elmau
       zeigt sich, was passiert, wenn diese gute Idee missverstanden wird. Seit
       Langem wird rund um den Gipfel mehr über das erhofft gute Wetter geredet
       als über den prekären Zustand der Welt. Wenn die Politiker zu Gast in
       Deutschland sind, sollen sie in einer sonnendurchfluteten Märchenwelt
       empfangen werden.
       
       Dabei ist es nicht verwerflich, dass man für den US-Präsidenten eine
       bayerische Brotzeit inklusive Trachtlern und Blasmusik auffahren lässt.
       Grenzwertig wird es, wo für schöne Bilder dreistellige Millionenbeträge
       investiert werden. In Elmau soll die Illusion einer Welt entstehen, deren
       Geschicke die Anwesenden fest in der Hand haben. Die multiplen
       geopolitischen Krisen benötigen aber etwas anderes als die Vortäuschung
       falscher Tatsachen.
       
       Bis zu 5.000 Reporter werden Kilometer vom Tagungsort entfernt in einer
       Halle sitzen, in der die Bundesregierung Mehrfachsteckdosen verlegt hat.
       100 Bereitschaftsrichter, Seite an Seite mit der Polizei, werden massiv
       gegen Demonstranten durchgreifen. Dabei sind diese die Einzigen, die am
       Wochenende in der Lage sind, Brüche sichtbar zu machen. Es ist ein Dilemma:
       Wenn ihre Repräsentanten den Bürgern eine gefährlich verkitschte Scheinwelt
       vorsetzen, dann wird der Protest gegen dieses Schmierentheater wohl auch
       hässliche Züge haben.
       
       4 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Kaul
       
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   DIR G7-Gipfel
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Gesundheit
       
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