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       # taz.de -- Kolumne Fußball im Eishockeyland: Türen sind zum Öffnen da
       
       > Kanadier schließen ihre Türen nicht ab und finden Curling cooler als
       > Fußball. Alles nur ein Klischee? Nein. Ein Bericht aus Ottawa.
       
   IMG Bild: In Ottawa hat man schon Autos, die so groß wie Busse sind, vor dem Haus. Wer braucht da noch Busse?
       
       Außerhalb von Kanada weiß man über Kanada eigentlich nur, dass die
       Einwohner ihre Türen nicht abschließen, lässiger sein und Eishockey spielen
       sollen. Tatsächlich ist es so, dass sie ihre Türen nicht abschließen, ganz
       lässig sind und neben Eishockey auch noch gerne Curling spielen.
       
       Trotzdem behaupten hier ständig alle, dass Fußball unter Kindern und
       Jugendlichen die Sportart Nummer 1 sei und 40 Prozent aller Fußball
       spielenden Jugendlichen Mädchen. Der Doku-Film „Goals for Girls“, der vor
       einigen Tagen im ByTowne Cinema in Ottawa Premiere hatte, war zwar
       ausverkauft.
       
       Die Mädels, die in dem kleinen Programmkino saßen, waren aber bei 30 Grad
       im Schatten gekommen, weil ihre Vereine den Eintritt bezahlt hatten und es
       Popcorn mit heißer Butter überschüttet und in XXL-Tüten gab. Die
       angekündigte Panel-Diskussion fiel aus, weil alle aus dem Kino rannten –
       das Popcorn war leer.
       
       Zurück zu den Türen. Dass die nicht abgeschlossen werden, liegt daran, dass
       es so etwas wie Schlüssel nicht gibt. Auch Fahrradschlösser gibt es nur mit
       Zahlenschloss. An den Eingangstüren der Häusern hängen dafür kleine Kästen,
       in die man einen Code eingeben muss, damit sich die Tür öffnet. Aber so wie
       andere Leute ihre Schlüssel vergessen, vergessen die Kanadier eben ihren
       Code.
       
       Das führt zu skurrilen Szenen wie der, dass das Pärchen, bei dem ich wohne,
       sich bei mir jeden Morgen dafür entschuldigt, dass die Türe wieder offen
       stand und behauptet, sie hätten sich jetzt wieder an den Code erinnert.
       Dann gehen sie mit mir vor die Tür, schließen sie und wollen mir zeigen,
       wie ich die Türe öffne, wenn sie denn mal geschlossen ist. Aber ich weiß es
       immer noch nicht. Denn jeden morgen muss ich, vor der Türe stehend, hören:
       „Mist. Schon wieder vergessen.“
       
       Dann gehen wir gemeinsam einmal ums Haus rum und durch das sowieso immer
       offen stehende Gartentor wieder ins Haus rein, öffnen die Haustür von innen
       und lassen sie sperrangelweit auf stehen.
       
       Den Schutz vor Einbrechern gewährt aber scheinbar sowieso das Auto vor der
       Haustüre. Um so kleiner das Kolonialhäuschen in Ottwa, umso größer das
       Auto, das davor steht. Hat man kein Auto, parkt man den Eingangbereich des
       Hauses mit riesigen Kinderwagen zu. Fußbälle habe ich in Vorgärten noch
       nicht gesehen. Dafür Bügeleisen. Damit bügeln die Kanadier aber nicht,
       sondern spielen Curling.
       
       Am „Tag der offenen Türe“ letztes Wochenende in Ottawa hatten Kirchen und
       Curling-Vereine für sich Werbung machen wollen. Vor den Kirchen und
       Vereinen dieser Stadt stehen allerdings jeden Tag große Schilder „Our doors
       are open“.
       
       13 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Akrap
       
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