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       # taz.de -- Landesparteitag der CDU: Henkel träumt von Wowi
       
       > Nach dem Gezerre um die „Ehe für alle“ düpiert CDU-Landeschef Frank
       > Henkel den Regierenden Bürgermeister Michael Müller.
       
   IMG Bild: Will den „nächsten Schritt“ ins Rote Rathaus tun: CDU-Landeschef Frank Henkel
       
       Der Sieg der Berliner CDU in Sachen Homo-Ehe im Bundesrat ist kaum 24
       Stunden alt, als Frank Henkel strategische Fehler bei seinem
       Koalitionspartner ausmacht. Ohne Not habe die SPD „eine politische
       Kraftprobe inszeniert“ und das Thema Homo-Ehe zu einer Schicksalsfrage
       aufgebauscht, sagt der CDU-Landeschef beim Parteitag in Moabit. Seine
       Botschaft an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller und dessen SPD,
       die im Interconti tagte: „Wie es professionell gehen kann, hat Klaus
       Wowereit vor zwei Jahren vorgemacht.“ Der habe sich 2013 in ähnlicher
       Situation im Bundesrat bei einem vergleichbaren Antrag „ohne großes Tamtam
       enthalten“.
       
       Die beiden Koalitionspartner hatten eineinhalb Wochen lang darum gerungen,
       ob Berlin im Bundesrat einer Initiative des Landes Niedersachsen zustimmen
       sollte, die Ehe auch für Gleichgeschlechtliche zu öffnen. Vor einer Woche
       kündigte Henkel ein Mitgliedervotum der Berliner CDU an. Doch das reichte
       der SPD nicht. Am Donnerstag schließlich hatte Michael Müller im
       Abgeordnetenhaus einem „Ja“ Berlins immense Bedeutung zugemessen – und der
       ablehnenden CDU vorgehalten, sie habe Berlin nicht verstanden. Einige
       Christdemokraten gaben am Rande des Parteitags zu, sie hätten befürchtet,
       Müller könne gegen den Widerstand des Koalitionspartners im Bundesrat
       zustimmen.
       
       Die CDU hatte für diesen Fall mit dem Ende des rot-schwarzen Bündnisses
       gedroht. Doch dann zog Müller zurück. Die CDU bekam die Enthaltung, die sie
       wollte, und genoss diesen Erfolg am Samstag beim Parteitag.
       
       Unterstützt von CDU-Bundestagsfraktionschef Volker Kauder, der seinen
       Berliner Parteifreunden großen Anteil an Veränderungen in der Stadt zuwies,
       beklatschten die rund 300 Delegierten euphorisch ihren alten und mit über
       90 Prozent neu gewählten Landeschef Henkel.
       
       ## „Ich will mehr“
       
       „Ich will mehr“, sagte Henkel in seiner fast einstündigen Parteitagsrede,
       nämlich Regierender Bürgermeister werden. Als Ziel für die
       Abgeordnetenhauswahl 2016 gab er vor, dass danach die CDU stärkste Fraktion
       sein soll. „Wir wollen den nächsten Schritt gehen – ins Rote Rathaus.“
       
       Die Sozialdemokraten sollten sich schon mal warm anziehen, kündigte auch
       Generalsekretär Kai Wegner an, der von sich sagte, er würde am liebsten
       gleich mit den 300 Delegierten auf die Straße gehen und Wahlkampf machen.
       Wahlkampf für eine Wahl, die regulär nicht in den nächsten Monaten, sondern
       erst im September 2016 ansteht.
       
       Aber Wegner ging wohl nicht davon aus, dass die Koalition noch so lange
       hält. Statt allerdings einen alternativen Bündnispartner zu umschmeicheln,
       hieben Henkel und er gleich auch noch auf die Grünen und ihr
       Führungspersonal ein. Die Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann ist
       für Henkel die einzig wahrnehmbare Stimme der Berliner Grünen, und das ist
       aus seiner Sicht nichts Gutes: Sie bestimme die Politik, unter anderem mit
       „ihrem Kreuzzug fürs Kiffen in Coffeeshops“.
       
       Für den Fortbestand der Koalition ist es in diesem Moment greifbar von
       Vorteil, dass sich die derart aufgeputschte CDU der SPD nicht schon am
       nächsten Morgen, sondern erst am Dienstag wieder im Senat gegenübersitzt.
       Dann soll nach Parteiangaben auch schon klarer sein, wie die angekündigte
       CDU-Mitgliederbefragung abläuft.
       
       Bislang steht nur fest, dass vor den Sommerferien ausgezählt sein soll.
       Offen ist auch noch, über welche konkrete Frage die 12.400 CDU-Mitglieder
       abstimmen sollen. Ein einflussreiches Mitglied maß der Wortwahl der
       Basisbefragung große Bedeutung bei: „Wenn in der Frage ‚Homo-Ehe‘ vorkommt,
       wird das Ergebnis schlechter ausfallen, als wenn da nur etwas von
       Gleichstellung steht.“
       
       14 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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