# taz.de -- Radikalisierung in Deutschland: Aus Geesthacht zum IS
> Ece B. riss in Richtung Syrien aus. Ihr erster Versuch, sich dem
> „Islamischen Staat“ anzuschließen, konnte noch verhindert werden.
IMG Bild: Will sich solchen Frauen des IS anschließen: Ausreißerin Ece B aus Geesthacht
Bremen taz | Ece B. konnte nicht aufgehalten werden. Vor etwa zwei Wochen
machte sich die 18-Jährige aus Geesthacht nach Syrien auf, um dort die
Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) zu unterstützen. Wo sie nun ist,
was sie macht, ob sie noch lebt - all das ist ungewiss. Die Angehörigen
fühlen sich im Stich gelassen, die Verzweiflung der Eltern wurde größer,
als man in der Zeitung schreiben möchte. Es hat die Familie zerstört.
Eces Eltern wanderten vor 35 Jahren aus der Türkei ein. Dass sie sich auf
eine Klassenreise nach Berlin aufmache, soll sie ihren Eltern gesagt haben,
bevor sie abreiste. Im November versuchte sie schon einmal, nach Syrien zu
reisen.
Über ihr Handy wurde sie damals in Istanbul geortet und nach Deutschland
zurückgebracht. Dieses Mal hat sie sich wohl darauf eingestellt, soll ein
neues Handy mitgenommen und sich ihre Reiseroute nur über Abkürzungen
notiert haben.
Gereist sein soll Ece zusammen mit einem 16-jährigen Mädchen aus dem nahen
Hamburger Stadtteil Billstedt. Eine dortige Salafisten-Gruppe soll die
beiden Mädchen radikalisiert haben. Nach taz-Informationen sind auch andere
junge Menschen aus Geesthacht kurz davor, für den IS in den Krieg zu
ziehen.
Doch warum konnte Ece B. nicht aufgehalten werden? Vom Landeskriminalamt in
Kiel heißt es, von ihrer Ausreise habe man erst erfahren, als es bereits zu
spät war. Und Eces erster Trip läuft als „Vermisstenfall“ - in diesem
Rahmen habe auch Kontakt zur Familie bestanden.
„Aus dem Vermisstenfall ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür,
dass sie erneut ausreisen und sich einer verbotenen Vereinigung anschließen
will“, erklärte das Landeskriminalamt. Sind solche Pläne bekannt, haben
Behörden Möglichkeiten, eine Ausreise möglicherweise zu verhindern: Per
Passeinzug oder elektronischer Markierung. Doch es gibt grüne Grenzen,
Schleuser und Lücken im Kontrollsystem.
Auch Präventionsarbeit habe ihre Grenzen, sagt Berna Kurnaz von der
[1][Bremer Beratungsstelle Kitab,] die 2012 für solche Fälle eingerichtet
wurde. Wenn sich Angehörige bei Kitab melden, verschafft Kurnaz sich
zunächst einen Überblick über die Familie und das soziale Umfeld.
„Oft ist es eher eine Familientherapie, als eine Beratung“, sagt sie. Ein
Patentrezept gebe es nicht. Manche Radikalisierten könnten in persönlichen
Gesprächen von ihrem Vorhaben abgehalten werden - wenn sie sich überhaupt
auf ein Gespräch einließen.
Bis vor kurzem war Kurnaz mit einem Kollegen im Umfang von zwei halben
Stellen für den gesamten Norddeutschen Raum zuständig. Unter anderem
Hamburg baut derzeit ein eigenes Präventionsnetzwerk auf.
15 Jun 2015
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DIR Jean-Philipp Baeck
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