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       # taz.de -- Gefährdetes Kindeswohl: Häufiger Verdacht
       
       > Die Verdachtsmeldungen von Kindesmisshandlung ist stark gestiegen. Laut
       > Sozialbehörde ein Medienphänomen.
       
   IMG Bild: Ob ein Kind misshandelt wird, ist von außen schwer zu beurteilen.
       
       Hamburg taz | In 12.112 Fällen meldeten Hamburger Bürger im vergangenen
       Jahr einen Verdacht auf Kindesmisshandlung oder verwahrlosung. Eine auf den
       ersten Blick alarmierende Zahl, übersteigt sie doch die des Vorjahres um
       rund 40 Prozent. Das geht aus einer Anfrage der CDU an den Senat hervor.
       
       Werden in Hamburg plötzlich viel mehr Kinder missbraucht? Nein, sagt Marcel
       Schweitzer, Pressesprecher der Sozialbehörde. Er sieht die Ursache im Fall
       der kleinen Yagmur. Nachdem die Dreijährige Ende 2013 an den Misshandlungen
       durch ihre Mutter starb, wurde in Hamburg über Monate hinweg intensiv über
       den Fall berichtet. Das habe die Bevölkerung extrem sensibilisiert, so
       Schweitzer.
       
       Er sieht den Anstieg der Verdachtsmeldungen positiv. Dies zeige, dass das
       Thema in der öffentlichen Diskussion präsent sei. Laut Schweitzer erhalten
       die Mitarbeiter des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) nach intensiv
       diskutierten Einzelfällen oft deutlich mehr Meldungen.
       
       Dabei bewahrheitet sich nicht jeder Verdacht. In insgesamt 2.045 Fällen
       wurden Kinder 2014 in die Obhut von Behörden genommen. Auch diese Zahl
       stieg laut dem Bezirksamt Wandsbek um nicht unbeachtliche 9,5 Prozent. Doch
       hier gilt zu beachten, dass sie auch die Zahl unbegleiteter minderjähriger
       Flüchtlinge einschließt, die allein 2013 1.061 betrug.
       
       Zudem geht der ASD seit dem Tod von Yagmur bei Verdacht von
       Kindesmisshandlung strikter vor. In der Erhebung der Inobhutnahmen sind
       sowohl Misshandlungsfälle aufgeführt als auch Minderjährige, die ihre
       Familien freiwillig verlassen haben oder verwahrlost angetroffen wurden.
       
       Im letzteren Fall können Kinder vom Jugendamt sofort aus ihren Familien
       geholt werden. Bei einer möglichen physischen Misshandlung müssen die
       Kinder im Kinderkompetenzzentrum des UKE untersucht werden.
       
       510 Mal war das 2014 der Fall. Das sind mehr als doppelt so viele als die
       213 Untersuchungen des Vorjahres. Doch auch diese Steigerung hat nicht mit
       einer Zunahme von Misshandlungen, sondern mit der seit letztem Jahr
       geltenden Verpflichtung der Jugendämter zu tun, schon bei kleinsten
       Verdachtsmomenten eine solche Untersuchung anzuordnen. In beiden Jahren
       bestätigte sich in rund einem Drittel der Untersuchungen der Verdacht der
       Misshandlung ganz oder teilweise, hieß es in der Senatsantwort auf die
       CDU-Anfrage.
       
       Zu einer strafrechtlichen Verfolgung kam es wegen Misshandlungen im
       vergangenen Jahr in 532 Fällen, wegen Verwahrlosung wurden 53 Verfahren
       eingeleitet. Doch 2013 lagen diese Zahlen nicht etwa weit darunter, sondern
       mit 543 und 70 sogar noch höher.
       
       15 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kristof Botka
       
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