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       # taz.de -- Kolumne Eben: Patriotismus, nicht Faschismus
       
       > Es ist die moderne Welt, die die Kroaten nicht versteht. Deshalb müssen
       > sie sich um sich selbst kümmern.
       
   IMG Bild: Der eine benutzt die Nagelfeile, der andere hält das Hakenkreuz für sein Heilmittel.
       
       Der eine macht sich die Hände schön, der andere macht sie sich schmutzig.
       Der eine kümmert sich um sich, der andere leidet unter kollektivem
       Vitaminmangel. Der eine benutzt die Nagelfeile, der andere hält das
       Hakenkreuz für sein Heilmittel.
       
       Das auf dem Stadionrasen von Split eingebrannte Hakenkreuz finden die
       Kroaten natürlich schlimm. Schlimmer aber finden sie ganz sicher die
       Nagelfeile von Jogi Löw. Die Maniküre auf der Trainerbank, darin dürften
       sich die Kroaten mit dem deutschen Trainer einig sein, war kein Ausdruck
       von Geringschätzung des Gegners. Die Kroaten wissen, wie echte
       Geringschätzung aussieht: Zu diesem Zweck benutzt das jüngste EU-Mitglied
       das Bespucken oder das Begrüßen mit der Hitlerhand.
       
       Nein, die Nagelfeile ist schlimmer, weil in Kroatien ein Mann, der sich die
       Nägel feilt, als schwul gilt. Ein echter Mann ist nur ein echter Mann, wenn
       er sich die überstehenden Nägel mit den Zähnen abreißt.
       
       Nur weil ein paar Schmierfinken Hakenkreuze verteilen, heißt das noch lange
       nicht, dass in ganz Kroatien Hakenkreuze verteilt werden. Wenn sich zwei
       Kroaten an einer Bushaltestelle treffen, singen sie Hymnen auf Tito. Das
       weiß doch jeder.
       
       ## Hakenkreuz und Hitlergruß
       
       Strafen in Millionenhöhe hat der kroatische Fußballverband schon an die
       Uefa gezahlt, weil seine Fans sich in Hakenkreuz-Formation und mit
       Hitlergruß auf Tribünen gezeigt haben. Das beweist gar nichts. Denn die
       Uefa ist Platini und der hat über die Kroaten gesagt, dass sie die
       hässlichsten Fans haben. Außerdem ist die Uefa die Fifa und die sollen mal
       lieber ihren eigenen Saustall ausmisten als den gebeutelten Kroaten
       vorzuschreiben, wie grün ihre Tomaten sein sollen. Uefa ist nicht EU? Egal.
       Alles Verbrecher, außer Tudjman.
       
       In Kroatien will man echten, sauberen Fußball sehen. So wie in den
       deutschen Kreisligen. Da, wo der Horst noch neben dem Ivo steht und beide
       Affengeräusche machen, wenn sie einen schwarzen Spieler sehen.
       
       Es sind nicht die Kroaten, die die moderne Welt nicht verstehen. Es ist die
       moderne Welt, die die Kroaten nicht versteht. Dabei ist es ganz einfach: Da
       sich niemand um sie kümmert, müssen sie sich um sich selbst kümmern. Wenn
       kroatische Fußballspieler faschistische Lieder singen (Simunic),
       faschistische Grüße zeigen (Mandzukic) oder faschistische Popstars gut
       finden (Bilic) wünschen sie sich nicht den Faschismus zurück. Sie wollen
       einfach nur stolz auf ihr Vaterland sein, weil es sonst niemand ist.
       
       In diesem Vaterland heißen Bars „Café Adolf“ und die geheime Weltherrschaft
       der Zionisten gilt als verantwortlich für 9/11 und Fukushima. Dieses
       Vaterland, das schon rein geografisch einen Bogen um sich selbst macht,
       genauso wie um die Aufarbeitung der eigenen Geschichte.
       
       ## Schmuddelkinder
       
       Einen genauso großen Bogen macht dieses Vaterland um die eigenen
       Schmuddelkinder, die nicht verstanden haben, dass man nicht mehr
       Faschismus, sondern Patriotismus sagt.
       
       Der kroatische Fußballverbandschef weiß nicht mehr, was er gegen die
       Schmuddelkinder tun soll. Wie wärs, wenn er ihnen beibringt, wie man sich
       die Nägel feilt?
       
       16 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Doris Akrap
       
       ## TAGS
       
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