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       # taz.de -- Nahost-Konflikt: Frankreich sucht für die UNO
       
       > Frankreichs Außenminister lotet im Nahen Osten die Stimmung für eine
       > UN-Resolution aus. Er fordert eine schnelle Zwei-Staaten-Lösung.
       
   IMG Bild: Die Verhandlungen im Nahost-Konflikt stocken seit langem. Frankreich will sie erneut vorantreiben.
       
       Paris/Jerusalem dpa | Für den Außenminister einer Veto-Macht ist der
       Reiseplan nicht ungewöhnlich: Ägypten, Jordanien, Palästinensergebiete,
       Israel. Am Wochenende hat Frankreichs Chefdiplomat Laurent Fabius eine
       Nahosttour auf der Agenda. Doch im Reisegepäck steckt viel Konfliktstoff.
       Fabius hat den Entwurf für eine Resolution im Sicherheitsrat der Vereinten
       Nationen dabei.
       
       In Ägypten wird Fabius mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi zusammenkommen.
       Anschließend trifft er den jordanischen König Abdullah II. In Ramallah geht
       es zu Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, bevor in Israel mit
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu das wohl entscheidende Gespräch
       bevorsteht.
       
       Mit dem Besuch will Fabius laut Ministerium „die Vorschläge für eine Lösung
       des israelisch-palästinensischen Konflikts diskutieren“. Ziel Frankreichs
       ist eine Zwei-Staaten-Lösung: „Die Schaffung eines lebensfähigen
       palästinensischen Staates neben Israel mit sicheren und anerkannten
       Grenzen.“ Paris will die Sicherheit Israels und ernsthafte Gespräche
       zwischen den Beteiligten.
       
       Dabei ist Eile geboten. „Je mehr Zeit vergeht, umso weiter rückt der
       Frieden weg und umso größer werden die Risiken einer Eskalation“, heißt es
       in Paris. Die Nationalversammlung hatte sich bereits im Dezember mit
       Mehrheit der regierenden Sozialisten für eine Anerkennung eines Staates
       Palästina ausgesprochen.
       
       ## Letzter Verhandlungsversuch
       
       Das Votum ist für die Pariser Regierung nicht bindend, doch verknüpfte
       Fabius einen Verhandlungsspielraum von zwei Jahren bereits mit
       Konsequenzen: „Wenn diese Anstrengungen scheitern, und wenn dieser letzte
       Versuch für eine Verhandlungslösung keinen Erfolg hat, dann wird Frankreich
       seine Verantwortung mit der unverzüglichen Anerkennung des Staates
       Palästina wahrnehmen.“ Es wäre bei einem solchen Schritt das erste führende
       westliche Land.
       
       Bei den Vereinten Nationen in New York könnte die Resolution nach dem
       Reise-Wochenende aufschlagen. Im März hatte Fabius dort die Initiative
       bereits für die „nächsten Wochen“ angekündigt.
       
       Zwischen Israel und den Palästinensern sieht die Lage mehr als ein Jahr
       nach Zusammenbruch der Gespräche düster aus. Beide Seiten beteuern zwar
       ihren Friedenswillen, werfen aber dem jeweiligen Gegenüber vor, alle
       Bemühungen um Fortschritte zu torpedieren. Mit dem jüngsten Wahlsieg
       Netanjahus gelten Fortschritte im Friedensprozess als äußerst
       unwahrscheinlich.
       
       Direkt vor der Wahl hatte Netanjahu betont, während seiner Amtszeit werde
       es keinen unabhängigen Palästinenserstaat geben. Nach dem Sieg vollzog er
       dann wieder eine Kehrtwende und beteuerte mehrmals, er sei für eine
       Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern.Doch der Siedlungsausbau in den
       Palästinensergebieten geht unaufhörlich weiter. Damit durchkreuzt Israel
       zunehmend die Pläne der Palästinenser für einen Staat auf zusammenhängendem
       Territorium.
       
       ## Angespannte Stimmung in Frankreich
       
       Zudem sitzen in Netanjahus rechts-religiöser Regierung viele Minister, die
       den Bau der Siedlungen beschleunigen wollen. „Dieses Land gehört uns. Das
       ganze Land“, sagte Zipi Chotoveli. Israel müsse sich dafür nicht schämen.
       Chotoveli ist Vize-Außenministerin, leitet aber de facto das Außenamt und
       gibt den Ton an.
       
       Zusätzliche Zeitbombe ist der verschleppte Wiederaufbau im Gazastreifen.
       Einzelne Viertel des dicht besiedelten Palästinensergebiets am Mittelmeer
       sind verwüstet. Internationale Geldgeber haben Milliardenhilfen
       versprochen, doch bislang ist davon kaum etwas angekommen. Neue
       Raketenangriffe aus der Küstenenklave auf Israel nähren die Sorge vor einer
       neuen Runde blutiger Gewalt zwischen Israel und der dort herrschenden
       Hamas. Daher drängt die Zeit für eine neue Friedensinitiative.
       
       Wie sensibel die Stimmung in Israel auch gegenüber Frankreich ist, zeigte
       die jüngste Aufregung um den französischen Telekommunikationsanbieter
       Orange. Ankündigungen von Orange-Chef Stéphane Richard, Geschäfte in Israel
       aus Unternehmensgründen beenden zu wollen, wurden als Boykottaufruf wegen
       der Siedlungspolitik interpretiert. Richard ruderte zurück. Orange will
       bleiben.
       
       20 Jun 2015
       
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