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       # taz.de -- Ungarn suspendiert Dublin III: Kein Eintritt für Zurückgeschobene
       
       > Die Flüchtlinge werden von EU-Ländern nach Ungarn ausgewiesen, weil sie
       > dort zuerst die Union betreten haben. Aber sie dürfen nicht rein.
       
   IMG Bild: Budapest spielt nicht mehr mit: von der ungarischen Polizei aufgegriffene Flüchtlinge
       
       Wien taz | Ungarn hat mit sofortiger Wirkung die Dublin-III-Verordnung
       suspendiert. Das bestätigte Regierungssprecher Zoltán Kovács Dienstag
       nachmittag bei einem Pressegespräch in Wien. Das heißt, Asylsuchenden, die
       aus anderen EU-Ländern nach Ungarn zurückgeschoben werden sollen, wird die
       Einreise verweigert. Das Dublin-Protokoll besagt, dass Flüchtlinge von
       jenem Land betreut werden müssen, in dem sie zuerst Boden der EU betreten
       haben.
       
       Allein in diesem Halbjahr haben laut Kovács über 60.000 Menschen in Ungarn
       Asyl beantragt. Täglich kämen zwischen 700 und 800 weitere über die grüne
       Grenze, mehr als in jedem anderen Land der Union. Ungarn fühle sich diesem
       Ansturm nicht gewachsen, sagt der Regierungssprecher. Die Menschen werden
       registriert, maximal 48 Stunden festgehalten und dann in Übergangsquartiere
       gebracht. Die meisten tauchen dann unter oder reisen in andere Länder
       innerhalb der Schengen-Grenze weiter.
       
       Ungarn verfüge nur über 2.500 bis 3.000 Unterkünfte, so Kovács. Diese seien
       voll, weshalb er an die Solidarität der anderen Länder der Union
       appelliere. Dass Ungarn die von der EU diskutierte Quotenregelung ablehnt,
       ist für ihn kein Widerspruch: „Das ist keine gute Lösung, denn sie hätte
       einen Pull-Effekt“.
       
       Österreich hatte vor kurzem angekündigt, wöchentlich drei bis vier Busse
       voller Flüchtlinge nach Ungarn zu schicken. 40 Abschiebungen waren
       vereinbart. Denn auch in Österreich herrscht bei der
       Flüchtingsunterbringung aktuter Notstand. Entsprechend verschnupft
       reagierte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner auf die Entscheidung aus
       Budapest, die ihr auf Beamtenebene übermittelt worden war.
       
       ## Ein Zaun gemäß Nato-Standard
       
       „Wer weiterhin ein Europa ohne Grenzen haben will, muss die Schengen-Regeln
       einhalten. Das heißt natürlich auch, an der Dublin-Regel festzuhalten.“,
       ließ sie via Austria Presse Agentur (APA) verlauten. Österreich helfe
       gerne, etwa mit 40 Polizisten an der ungarisch-serbischen Grenze. „Klar ist
       jedoch, dass so eine Hilfe keine Einbahnregel sein kann“, so die
       Innenministerin.
       
       98 Prozent der Flüchtlinge kommen über das Nicht-EU-Land Serbien. Deshalb
       will Ungarn an der 175 Kilometer langen Grenze einen Zaun errichten. Kovács
       spricht von NATO-Standard. Man müsse sich also Stachedrahtverhaue
       vorstellen, wie um die spanischen Exklaven Ceúta und Melilla oder entlang
       der US-mexikanischen Grenze.
       
       Dass auf Flüchtlinge, die diesen Zaun überklettern wollen, geschossen
       werde, schließt Kovács aus. Man werde in den allernächsten Tagen mit seinem
       Bau beginnen. Ähnliche Abwehrmaßnahmen in Griechenland und Bulgarien hätten
       zwar den Flüchtlingsstrom nicht völlig gestoppt aber spürbar gebremst. War
       man bis März vor allem mit Kosovaren konfrontiert, so seien in den
       vergangenen Monaten vor allem Flüchtlinge aus den Krisenherden Syrien,
       Afghanistan und Pakistan sowie aus schwarzafrikanischen Ländern gekommen.
       
       Das Dublin-Protokoll soll ausgesetzt bleiben, bis Ungarn ausreichende
       Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen geschaffen habe. Derzeit
       werde bereits eine Kaserne entsprechend umgebaut.
       
       23 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
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