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       # taz.de -- Citizen Science verbessern: Mitbestimmung in der Forschung
       
       > Die Partizipation der Zivilgesellschaft an Wissenschaft und Forschung
       > wird zwar gewünscht. Doch bei der Umsetzung hakt es noch immer.  
       
   IMG Bild: Erstellung eines Mückenatlas in Müncheberg: Bürgerbeteiligung ist weit mehr als Insekten einsammeln und einschicken
       
       Berlin taz | „Wissenschaft ist nichts für mich.“ So reagieren die meisten
       Bürger, wenn Forscher auf sie zukommen, um sie für ihre Tätigkeit zu
       interessieren. Mit den Angeboten der Wissenschaftskommunikation werde nur
       „ein kleiner Anteil ohnehin schon an Forschung interessierter Bürger“
       erreicht, „während die Mehrheit der Bevölkerung sich desinteressiert
       abwendet“, konstatierte der österreichische Rat für Forschung und
       Technologieentwicklung ernüchtert in seinem Jahresbericht. Fazit der Wiener
       Experten: „Ein Angebot zum Abbau von Berührungsängsten mit dem Thema
       Wissenschaft und Forschung ist dringend erforderlich“.
       
       Auch in Deutschland und Europa ist die Beteiligung der Zivilgesellschaft an
       der praktischen Forschung (“Citizen Science“) wie auch an der Mitbestimmung
       über die Forschungsinhalte inzwischen zum Dauerthema in Instituten und
       Ministerien geworden. Beim Start des neuen Hightech-Forums der
       Bundesregierung – das erstmals neben Vertretern von Wissenschaft und
       Wirtschaft auch über eine dritte Bank für gesellschaftliche Organisationen
       verfügt – dozierte Forschungsministerin Johanna Wanka ausführlich, wie
       „Partizipation“ zu einem neuen Leitwert werden solle.
       
       Zur Schaffung eines „Partizipationsbewusstseins für Forschung und
       Innovation“ wurde eine Liste von 40 Maßnahmen erarbeitet, um die Bürger zu
       erreichen. An erster Stelle stehen dabei „Zukunftsdialoge“, zu denen die
       Bürger bundesweit eingeladen werden sollen.
       
       Größtes Handicap der Bürgerbeteiligung ist die Schublade, in der nicht
       wenige Empfehlungen der Laien-Gremien an die Wissenschaft folgenlos
       verschwinden. „Wenn Partizipation mehr sein will als nur
       Akzeptanzbeschaffung, dann muss von Anfang an geklärt sein, wozu sie
       beitragen soll“, betonte die Sprecherin der Zivilgesellschaftlichen
       Plattform Forschungswende, Steffi Ober, bei einer Veranstaltung in Berlin
       zum Thema „Verantwortliche Forschung“. Derzeit werde der Begriff
       „Partizipation“ noch „sehr unklar und zu schwammig“ benutzt.
       
       ## Alte Muster überwinden
       
       Zwar würden Naturschutzverbände neuerdings auch zu Wissenschaftsfragen
       gehört. Aber wenn am Ende ihr Votum nicht einfließe und wieder nur nach
       altem Muster verfahren werde – „dann verprellt man sich die Leute“, so
       Ober.
       
       Ein großes Rad will die EU-Kommission drehen. Im Rahmen des neuen
       Forschungsrahmenprogramms „Horizon 2020“ soll die Bürgerbeteiligung über
       das Teilprogramm „Responsible Research and Innovation“ (RRI) organisiert
       werden. Norbert Steinhaus vom Wissenschaftsladen Bonn ist an der
       Umsetzungsgruppe „RRI-tools“ beteiligt. Mit einem Budget von sieben
       Millionen Euro für drei Jahre sammeln 26 Gruppen derzeit die besten
       „Werkzeuge“, um Wissenschaft und Gesellschaft enger zu verknüpfen.
       
       Das Spektrum reicht von wissenschaftlicher Grundbildung und Open Access als
       freiem Zugang zu Forschungsergebnissen bis hin zur Wissenschaftsethik und
       der Gleichstellung in den Instituten. „Wichtig ist auch“, betonte Steinhaus
       auf der Berliner Tagung, „die Forschung zu unterstützen, sich verstärkt den
       Themen von großen gesellschaftlichen Herausforderungen zuzuwenden.“
       
       25 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Manfred Ronzheimer
       
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