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       # taz.de -- Geschlossene Unterbringung in Hamburg: Nicht ganz freiwillig
       
       > Der Linkspartei liegen Hinweise auf Missstände im privatisierten
       > Maßregelvollzug im Asklepios-Klinikum Nord in Hamburg vor.
       
   IMG Bild: Medikamente wider Willen? Vorwürfe gegen Asklepios-Kliniken in Hamburg.
       
       Anwälte von Patienten und Betroffene selbst haben gegenüber der
       Linksfraktion in der Bürgerschaft über eklatante Missstände in der
       forensischen-psychiatrischen Abteilung „Haus 18“ des privaten
       Askeplios-Klinikum Nord berichtet. „In mehreren Fällen soll mit Hilfe von
       Druck und negativen Sanktionen eine Medikation gegen den Willen der im
       Maßregelvollzug Inhaftierten durchgesetzt worden sein“, berichtet der
       Linkspartei-Gesundheitspolitiker Deniz Celik. Auf diese Art und Weise sei
       das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt worden.
       
       Bei der Vorstellung des Berichtes der Aufsichtskommission zum
       „Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus“ sei nach kritischen
       Fragen im Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft deutlich geworden, „dass
       Zwangsmedikation, Zwangsfixierungen und weitere repressive Maßnahmen in
       vielen Fällen offenbar als einzig erfolgversprechender Weg angesehen
       werden“, sagt der Rechtspolitiker der Linksfraktion Martin Dolzer.
       
       Das Bundesverfassungsgericht hatte in zwei Entscheidungen 2011 und 2012
       nicht nur für die Privatisierung des Maßregelvollzugs der Länder grünes
       Licht gegeben, sondern auch den Patientenvorbehalt für eine Medikation
       gekippt. Während zuvor nach dem Maßregelvollzugsgesetz vom Betroffenen eine
       Zustimmung für eine Medikation Voraussetzung war, kann nunmehr für die
       Erreichung des Vollzugsziel eine Zwangsbehandlung gerechtfertigt sein und
       über dem Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit stehen - wenn auch nur
       als letztes Mittel.
       
       Druck gibt es offenbar auch schon vorher: „Uns wurde von Fällen berichtet,
       in denen Inhaftierten, die eine Medikation verweigerten, Lockerungen
       verwehrt wurden“, berichtet Celik. Andere seien, wenn sie Kritik geäußert
       hätten oder Anwälte damit beauftragten, ihre Interessen wahrzunehmen,
       eingeschüchtert oder negativ sanktioniert worden, erklärt Celik. Die
       Patienten argumentieren bei ihrer Ablehnung mit den Nebenwirkungen: Durch
       Antidepressiva, ruhig stellende Mittel und weitere Medikamente sei es bei
       mehreren Patienten zu Aufschwemmungen, Übergewicht, Erschöpfung,
       Bluthochdruck gekommen, sagt Celik.
       
       Rechtsverbindliche Beschwerdemöglichkeiten gegen derartige Maßnahmen gebe
       es nicht, beklagt der Linke Dolzer. Die Strafvollstreckungskammern seien
       derart überlastet, dass Anträge und Beschwerden aus dem Maßregelvollzug
       kaum oder nicht angemessen verhandelt werden können. „Die
       Aufsichtskommission wird von den Inhaftierten als wenig hilfreich und als
       nicht unabhängig wahrgenommen“, sagt Dolzer.
       
       Der Asklepios-Konzern fühlt sich als falscher Adressat für die Kritik. „Die
       Klinik hat gar nicht die Befugnis Zwangsmedikationen anzuordnen, das wird
       von einem Gericht beschlossen“, sagt Sprecher Franz Jürgen Schell. Und dies
       komme vielleicht zwei Mal im Jahr vor. Es sei aber in Tat für den Arzt
       schwierig, ohne eine Behandlung Lockerungen zu gewähren. Schließlich seien
       die Patienten nicht freiwillig dort, sondern eingewiesen worden, weil sie
       andere gefährden könnten, so Schell.
       
       28 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR kai von Appen
       
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