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       # taz.de -- Haftstrafe für IS-Aktivistin aus Bonn: Von der Katholikin zur Terrorhelferin
       
       > Ein Düsseldorfer Gericht verurteilt erstmals eine Frau, die den
       > „Islamischen Staat“ unterstützt hat. Ihr Mann kämpft in Syrien.
       
   IMG Bild: Drei Jahre und neun Monate muss sie in Haft bleiben: Karolina R. (r.) im Düsseldorfer Gerichtssaal.
       
       DÜSSELDORF taz | Ruhig sitzt Karolina R. hinter der Panzerglasscheibe im
       Saal I des Düsseldorfer Oberlandesgerichts. Ihr Körper ist von oben bis
       unten dunkelgrau verhüllt, nur ihr Gesicht hat sie freigemacht, nachdem die
       Fotografen den Saal verlassen haben. Konzentriert schaut die 26-Jährige zu
       der Vorsitzenden Richterin Barbara Havliza. Diese hat R. gerade der
       Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland für schuldig
       gesprochen. „Drei Jahre und neun Monate“, sagt Havliza jetzt.
       
       R. habe fünfmal Geld über einen Mittelsmann in der Türkei an ihren Mann in
       Syrien geschickt. Insgesamt über 5.000 Euro. Auch Brillen- und Helmkameras
       soll sie für ihren Ehemann besorgt haben. Fared S., ein Deutschalgerier,
       kämpft für den „Islamischer Staat“ in Syrien und dreht zusammen mit dem
       Exrapper Denis Cuspert Propagandavideos für die Terrormiliz.
       
       Karolina R. ist in Polen geboren, als Kleinkind kam sie mit ihrer Familie
       nach Bonn. Die R.s sind katholisch, sonntags besuchten sie den
       Gottesdienst. R. machte Abitur – ihr drittes Fach: katholische Religion –
       und eine Ausbildung zur Erzieherin. Ehemalige Mitschülerinnen beschreiben
       sie als ruhiges, unauffälliges Mädchen. Bis zur Abiturzeit kleidete sich R.
       modern, schminkte sich, ging in Clubs, trank Alkohol. Vor fünf Jahren aber
       begann sie, sich für den Islam zu interessieren, warum, das sagte sie im
       Prozess nicht. Im September 2010 konvertierte sie.
       
       Eine Moschee in Bonn vermittelte ihr Fared S. als Ehemann. Er sei ihr
       erster Partner gewesen, sagte die Richterin Havliza. Es folgten die Heirat
       nach islamischem Recht und die Geburt eines Sohnes, der heute fast drei
       Jahre alt ist und zum Teil bei seiner Mutter im Gefängnis lebt.
       
       ## Er verbot ihr, in die Wohnung ihrer Eltern zu gehen
       
       Fared S. habe starken Einfluss auf R. und ihren Glauben gehabt, so Havliza.
       Nach der Geburt verbot er ihr, in die Wohnung der Eltern zu gehen, weil es
       dort Alkohol zu trinken gebe. Er untersagte ihr jeden Kontakt zu
       Freundinnen, die Wohnung durfte sie nur verlassen, wenn er es erlaubte. R.
       radikalisierte sich, las Schriften, in denen Gewalt gegen „Ungläubige“
       verherrlicht wird, darunter solche von al-Qaida. Schließlich befürwortete
       sie den Terror des IS. „Sie richten nach Allahs Gesetz, sie töten die, die
       getötet werden müssen“, das habe R. am Telefon gesagt, so Havliza. Die
       Vorsitzende Richterin führt in der Urteilsbegründung mehrere solcher Zitate
       an.
       
       Der Bürgerkrieg in Syrien war häufig Thema bei dem Paar, Fared S. wollte
       ausreisen, R. zunächst nicht. „Dann gab sie nach“, sagt Havliza. Gemeinsam
       mit ihrem Mann, ihrem sieben Monate alten Sohn und ihrem Bruder, der auch
       zum Islam konvertiert ist, reiste R. im Mai 2013 nach Syrien. Einen guten
       Monat blieb sie dort, dann kehrte sie mit ihrem Sohn nach Bonn zurück; im
       Oktober reiste sie erneut aus – auch weil ihr Mann sich eine Zweitfrau
       genommen hatte und sie eifersüchtig war. Diesmal blieb R. zwei Monate. In
       Deutschland sammelte sie Geld, kaufte Kameras, schickte Pakete und überwies
       – zum Teil mithilfe eines Mitangeklagten, zum Teil mithilfe ihres
       unwissenden Vaters – Geld an Fared S. Damit habe sie den IS unterstützt,
       sagt die Richterin.
       
       ## Sie wollte sich scheiden lassen
       
       Fared S. ist in mehreren Propagandavideos zu sehen, auf einem posiert er in
       der Nähe von Homs vor Leichenbergen und ruft: „Wie ihr sehen könnt, haben
       wir geschlachtet.“ Das Video soll nach der Eroberung eines Gasfeldes durch
       den IS entstanden sein, 90 Menschen seien dabei getötet worden.
       
       Karolina R. hatte im Prozess erst geschwiegen, dann ein Teilgeständnis
       abgelegt und sich von ihrem Mann und dem IS distanziert. Sie wolle sich
       scheiden lassen. Das rechnete ihr das Gericht strafmildernd an. Auch einige
       Tatvorwürfe wurden fallen gelassen.
       
       Mit seinem Urteil blieb das Gericht nur knapp unter der Forderung der
       Bundesanwaltschaft, die für vier Jahre Haft plädiert hatte. Die Verteidiger
       forderten höchstens zwei Jahre auf Bewährung. R.s Mitangeklagter, der
       ebenfalls Geld sammelte und überwies, bekam ein Jahr und neun Monate auf
       Bewährung.
       
       24 Jun 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
       
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