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       # taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: RTL ganz investigativ
       
       > Alte Liebe, neu entfacht: Der Privatsender setzt auf investigativen
       > Journalismus und kooperiert mit dem Recherchebüro Correctiv.
       
   IMG Bild: Kindheitserinnerungen, und keine schlechten: Harry Wijnvoord bei RTL-Trashhit „Der Preis ist heiß“.
       
       Dich zu lieben fiel mir nicht leicht in den vergangenen Jahren. Dabei fing
       es ja ganz gut an mit uns. Damals. Mit unterhaltsamem Trash wie „Alles
       nichts oder“ (Torten ins Gesicht) und der „Mini Playback Show“ (die
       Zauberkugel!), mit Harry Wijnvoord (“leider überboten“) und Werner
       Schulze-Erdel (“Wir haben 100 Leute gefragt“).
       
       Kindheitserinnerungen. Und keine schlechten. Doch dann diese
       Talkshow-Dauerbeschallung, später Gerichtsshows und heute unerträgliche
       Scripted-Reality-Formate. Einzige Gewinner dieses Trends sind Tausende
       Laienschauspieler, die sich dank deiner Hilfe ihre fünf Minuten Ruhm
       abholen können. Und zugleich fürs Leben gezeichnet sind.
       
       Doch seit einiger Zeit scheinst du meine Liebe zurückgewinnen zu wollen.
       Stellst dich auf als seriöser Sender, der immer mehr Wert legt auf
       investigative Recherche. Erst mit dem „Team Wallraff“, wo
       Undercoverurgestein Günter Wallraff mit jungen Nachwuchsreportern
       Missstände in Unternehmen aufdeckt. Ziemlich erfolgreich sogar.
       Hygieneskandal bei Burger King, Ekelessen in Schulkantinen. Geschichten,
       die für Aufsehen sorgten und zu tatsächlichen Veränderungen führten.
       
       Und jetzt gibst du bekannt, dass dein „Nachtjournal“ künftig mit dem
       gemeinnützigen Recherchebüro Correctiv kooperieren wird. Deren
       investigativen Recherchen willst du als TV-Reportagen umsetzen und – leider
       spät nachts – ausstrahlen. Klar, an die Durchschlagskraft des „Wir sind
       ganz nah dran an Wikileaks und Snowden“-Rechercheverbunds von SZ, NDR und
       WDR wirst du nicht ranreichen. Aber diese Streber müssen gar nicht dein
       Vorbild sein.
       
       Und ich verzeihe dir sogar, wenn du dich bei allem guten Willen den Zwängen
       des Privatfernsehens unterwirfst. Dramatische Musik, dramatische
       Kamerafahrten, dramatische Personalisierung. Da wirst du auch bei
       Investigativformaten nicht drauf verzichten können. Geschenkt. Der
       Zielgruppe gefällt’s. Und Hauptsache, du gönnst ihr mal etwas echten
       Journalismus.
       
       3 Jul 2015
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Paul Wrusch
       
       ## TAGS
       
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