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       # taz.de -- Geplante Flüchtlingsunterkunft in Meißen: Brandstifter im bürgerlichen Ambiente
       
       > In Meißen herrscht nach dem Anschlag eine gespaltene Stimmung. Wer an der
       > Tat beteiligt war, ist noch unklar. Das Haus soll schnell saniert werden.
       
   IMG Bild: So sieht Hass aus: Verkohltes Fenster eines Hauses in Meißen, in das Flüchtlinge einziehen sollten
       
       MEISSEN taz | In diesem Meißner Stadtteil vermutet man nicht gleich einen
       ausländerfeindlichen Brandanschlag. Die weltberühmte Porzellanmanufaktur
       liegt nur 300 Meter vom Tatort entfernt. Bergan folgt eine Häuserzeile aus
       der Gründerzeit.
       
       Mittendrin: Brandspuren im ersten Stock, vor dem Haus verkohlte Bretter und
       Reste von Matratzengittern. [1][In der Nacht zu Sonntag hat es hier
       gebrannt], kurz bevor etwa 35 Asylbewerber einziehen konnten, und wenige
       Stunden nach einem im Internet angekündigten Treffen der lokalen
       „Initiative Heimatschutz“.
       
       „Der Anschlag vermittelt ein völlig falsches Bild von Meißen“, sagt der
       Erste Bürgermeister Hartmut Gruner in eine Fernsehkamera. Im Einvernehmen
       mit dem zuständigen Landkreis sei die Stadt an der Elbe bemüht, die ihr
       zugewiesenen Asylbewerber dezentral unterzubringen und so zur Integration
       beizutragen.
       
       Gruner hatte sich im Frühjahr einem Bürgerforum gestellt, als das Land in
       der Turnhalle der sächsischen Verwaltungs-Fachhochschule eine provisorische
       Erstaufnahme einrichtete. Wegen einer Rangelei mit Ausländern kochten
       damals die Emotionen hoch. Gegen ein anderes Heim hatte auch die NPD
       mobilisiert. Die Stimmung der Meißner ist nach wie vor gespalten. „Die
       wollen wir hier nicht haben“, sagen überwiegend nahe Anwohner.
       Wohlwollender äußern sich vor allem jüngere Bürger.
       
       ## Auf dem Polizeirevier war er abgeblitzt
       
       Insgesamt beherbergt die Stadt momentan 414 Asylbewerber, das ist nach
       Angaben von Bürgermeister Gruner im Landkreis ein überproportionaler
       Anteil, gemessen an den 27.000 Einwohnern Meißens. „Öffentlich war gar
       nicht bekannt, dass Asylbewerber hier einziehen sollen“, erklärt
       Ordnungsamtsleiter Markus Renner.
       
       Insider aber müssen längst Bescheid gewusst haben. Bauunternehmer Ingolf
       Brumm, mit seiner Firma Eigentümer des Hauses, fand vor drei Wochen einen
       Zettel an der Haustür, der Ausländer ironisch begrüßte und gleich wieder
       zum Verlassen des Landes aufforderte. Als er damit auf dem Polizeirevier
       vorsprach, blitzte er ab, weil keine unmittelbare Gefahr drohe. „Eine
       Bedrohung war aus dem Inhalt nicht ablesbar“, erklärte auch am Montag eine
       Sprecherin des für rechtsextreme Straftaten in Sachsen zuständigen
       Operativen Abwehrzentrums (OAZ) in Leipzig. Die Staatsanwaltschaft sei der
       gleichen Meinung.
       
       Bauunternehmer Brumm ist ein kerniger Typ vom Bau und ein Meißner
       Lokalpatriot. Vor zwei Jahren hat er aus einem gewissen Ehrgeiz heraus die
       „Ruine“ in der Rauhentalstraße gekauft und saniert. Da sah noch niemand die
       gegenwärtige Flüchtlingswelle voraus. „Ein Nullsummenspiel“, sagt er zu den
       Kosten für das eigentlich geplante Wohnhaus. Ihm kam dann entgegen, dass
       der Landkreis Meißen auch private Wohnungen und Häuser für Asylbewerber
       anmieten wollte. Bei 4,50 Euro Miete pro Quadratmeter sei das nicht gerade
       ein lukratives Geschäft für ihn, versichert er.
       
       Noch immer ist er ziemlich aufgebracht. Wegen des Anschlags an sich, aber
       auch weil ihm Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) bei seinem Besuch
       am Sonntag unbeabsichtigt eine schwer auszulöffelnde Suppe eingebrockt hat.
       Er sprach von einem „Asylbewerberheim“, weshalb die Wohnhausversicherung
       nun Ärger bereiten könnte. Das Geld aber braucht Brumm, um die in
       Mitleidenschaft gezogenen Wohnungen wiederherzustellen. Das soll möglichst
       schnell geschehen. Brumm spricht über die Asylpolitik, über Politiker
       überhaupt, eher wie ein Pegida-Anhänger. Aber Flüchtlingen gegenüber ist er
       ganz aufgeschlossen. „Wenn wir das Haus nicht wieder aufmachen, haben die
       gewonnen!“, verkündet er entschieden.
       
       ## Hinweise auf geplante Tat
       
       Wer „die“ sind und ob die Täter Verbindungen zu dem bei Facebook vernetzten
       „Heimatschutz“ haben, ließ das OAZ am Montag noch völlig offen. Die
       Beschreibungen des Einbruchs und des gezielten Ausschaltens von
       Bewegungsmeldern beispielsweise lassen auf eine planvolle Tat schließen.
       Offenbar sensibilisiert durch die täglichen Proteste vor der neuen
       Erstaufnahmeeinrichtung im nur 25 Kilometer entfernten Freital, reagierten
       Regierungspolitiker am Sonntag sofort. Ministerpräsident Tillich und
       Innenminister Markus Ulbig (ebenfalls CDU) suchten den Tatort auf.
       
       Tillich sprach von einem „feigen Anschlag“ und forderte Einwohner zur
       Mitarbeit bei der Aufklärung auf. An einer spontan angemeldeten Demo der
       Piraten mit 200 Bürgern nahmen sie aber ebenso wenig teil wie Landrat Arndt
       Steinbach (CDU). Dafür reiste Linken-Landes- und Fraktionschef Rico
       Gebhardt aus dem 20 Kilometer entfernten Dresden an. Von einem solchen
       Anschlag sei es nur noch „ein sehr kleiner Schritt, bis bewohnte Heime
       brennen“, warnte er.
       
       Während es in Freital zuletzt ruhig blieb und am Freitag ein Fest der
       Heimunterstützer die Proteste deutlich überstrahlte, wurde am Montag auch
       in Lübeck ein Brandanschlag auf den Rohbau einer geplanten Asylunterkunft
       verübt. 120 Menschen sollen hier untergebracht werden. Der Sachschaden
       blieb gering, eine Schmiererei lässt ebenfalls auf einen fremdenfeindlichen
       Hintergrund schließen.
       
       29 Jun 2015
       
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